Vanity Fairytales

Flick-Flack

2016:April // Elke Bohn

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04-2016

Die Pressekonferenz war, dieser Tage typisch für Berlin, eine Mischung aus kunsttheoretisch überhöhender Kryptik und melancholischer Behäbigkeit.
Die Dame und die Herren von DIS, die unter anderem ja die heurige Berlin Biennale kuratieren, haben ins Restaurant Borchardts geladen. Aus Konsequenz.
Das jung-dynamische Quartett kuratiert eine Ausstellung in den Räumen von Friedrich Christian Flick, genau, jenen Rieckhallen genau neben dem Hamburger Bahnhof. Und dabei geht es um Geld, jedoch nicht das des vermeintlich eigentlichen Hausherren. Sondern von wem auch immer, für das aktuell nächste Projekt „The Floating Piers“ für Christo, das in Italien, das sehr sexy werden wird. Obgleich Christo die benötigten Budgets schon seit mehr Jahren selber zusammensammelt, als das kuratorische Doppelduo zusammengerechnet auf der Welt ist, wollen sie helfen. Auch sich selbst natürlich, denn sie behalten sich einen kleinen zweistelligen Prozentbetrag der Einkünfte.
Das Konzept der Ausstellung ist dabei denkbar einfach und doch nicht simpel. Die KünstlerInnen können entweder ihre Werke eingeben und zugunsten des Kollegen verkaufen, einfach. Oder sie erarbeiten eine Hommage und verhüllen Werke der Sammlung von Herrn Flick. Nicht einfach, und vor allem neue Arbeiten, untermauert mit den beiden Zauberbegriffen Orts- und Werkbezug. Als dritte mögliche Variable können die TeilnehmerInnen der Schau auch einen Weg durch die riesenhafte Halle, immerhin reden wir von über 6000 Quadratmetern, entwerfen. Das ist und wäre sicherlich das Schönste, auch das Schwierigste, logisch. Wer will schon akzeptieren, dass KollegInnen eine Metadramaturgie für eine komplex-dramatische Gruppenausstellung konstruieren?
Richtig, eigentlich niemand. Trotzdem und dennoch ist es passiert. Die KuratorInnen selbst habens gemacht. Bähm! In einer, Achtung Hommage, re-kreierten Version ihres „The Island (KEN)“, erstmals gezeigt in New York, legen sie einen Steg, etwas zackig, durch die Halle. Leicht erhaben, technisch bedingt, und teilweise verschalt mit unterschiedlichen Paneelen. An der Decke, über dem Steg, tummeln sich die ebenso aus New York bekannten Wasserdüsen. Damit man auch schon nass werden kann. Wie damals in New York. Bezahlt und installiert wurde dieses Arbeit vom Küchenhersteller next125. Transparent wurde kommuniziert, wie viel Geld dabei an die AutorInnen floss. Da wir uns jedoch für Kunst interessieren, ist das für uns nicht interessant.
Unser aller Freund, der Tino Sehgal, macht es super und modern, denn er springt da mit auf. Von ihm geschulte SchauspielerInnen tanzen über den Steg, bekleidet mit Jeans, weißer Bluse und schwarzen Ballerinaschuhen und werden nass. Ganz wie damals in New York. Neu ist dabei, dass die Damen und Herren laut im Chor rufen: „Die Kunst ist super!“ ­Sehgal spaltet; viele hatten ihn schon vollkommen abgeschrieben und ziehen nun den Hut. Der Typ ist wieder im Rennen. Logischerweise gibt es auch die obligatorisch anderen Stimmen. Wissen wir ja, was die so gesagt haben.
Die in Berlin lebenden Maler Thomas Scheibitz und Jonas Burgert haben sich entschieden, Werke von Bruce Nauman und Jeff Wall mit ihren Leinwänden zu verhüllen. Sie würden diese beiden Kollegen schon seit längerem und im Stillen bewundern und haben sie daher ausgewählt. Deshalb werden ihre Leinwände auch nicht als Kunstwerk, sondern Werkstoff zur Verhüllung verwandt und mit dem Motiv zu Wand und Werk installiert. Auch mit Abstand zu allen Seiten, aus Respekt und auch Vorsicht natürlich; Flick hat die Leinwände gekauft. Der Witz, in welcher Richtung, kursiert, kommt jedoch nicht wirklich gut.
Einen weiteren und nicht wesentlich weniger radikalen Weg beschreitet Mikael Mikael für und mit uns. Er zeigt und verkauft einerseits eigene Arbeiten, was man durchaus so nennen kann. Nämlich die Einsendungen seiner SHOW YOU ARE NOT AFRAID-Kampagne. Und da es sich um einen derart prominenten Ort und Rahmen dreht, hat er den Preis einfach verdoppeln lassen. Keinen stört es, alles ausverkauft. Auch im Shop des Hamburger Bahnhofs, zu diesem Zweck mit einer Dependance in den Rieckhallen vertreten, schlägt er zu und macht ein kleines Vermögen mit iPad-Taschen aus Christos Stoffen. Einmal dem Orange des kommenden Projekts in Italien, und vor allem natürlich jenem des „Wrapped Reichstag“. Das es sich um eine Replik handelt, das erzählt er natürlich niemandem. Wäre ja auch schön blöd.