Vanity Fairytales

Es wird einmal …

2020:August // Elke Bohn

Startseite > 08-2020 > Vanity Fairytales

08-2020


Es ist der Immobilienmarkt ein Markt mit Immobilien, zunächst Unbeweglichem, also bewegen sich Bewohner- und NutzerInnen sowie Nutzendes und Nützliches von und dort hin; und doch ist es ein Markt.
Wie alle und alles lernten wir, dass ein Markt das Spiel von Angebot und Nachfrage ist; gibt es wenig von dem, was alle wollen sollen, so wird es teuer – schön für die, die so viel davon haben, dass sie anbieten zu meinen müssen –, besonders für die, die brauchen.
Natürlich, sozionatürlich, auch, da Angebot und Nachfrage in ihren Darstellungen und Bedeutungen dargestellt und interpretiert werden.
Etwas bis ziemlich aus der Bahn gerät dieser Logikkollos immer bei nicht geplanten und raschen Schwankungen und zaubert gerne mal aus einem Verkäufer- einen Käufer­Innenmarkt; sehr schnell.
Wer mag noch in echt shoppen, wenn virtuelle Vorteile real sind – wer die Vorteile eines freieren Arbeitens zu Hause ignorieren und weshalb digitalisierte Sitzungen wieder gegen den Totschlag von Zeit und Raum im Netzwerk der dreckschleudernden Blechröhren zurücktauschen?
Eben! Dabei ändert sich dennoch nicht immer alles zum nur Schlechten, wir schreiben ja nicht über den Klimagau; also auf in die schöne Zukunft des Immobilienmarktes in Berlin.
Der beginnt in der Mitte des ehemaligen Westteils dieser Stadt, im KaDeWe, länger und noch schöner, im Kaufhaus des Westens; immobilgewordener White-Trash par excellence und nun fast weniger wert als die Steine, aus denen er erbaut ward.
Nach nur wenigen Tagen Leerstand unterzeichnet ­Amadeo Kraupa-Tuskany einen Vertrag über den Klotz und baut ihn zum Galerie- und Ausstellungshaus um, in der nicht unberechtigten Hoffnung, dass hier das Analoge noch in Siegeslaune taumelt.
Er lädt die beiden Damen, Vater und Sohn und die taffe Milf, dazu etliche jüngere KollegInnen zur Mitmiete ein – nicht jedoch Prinz und König.
Eröffnet wird die Gemengelage durch eine Schau von Ai Weiweis Masken, über zehntausend, die alle am Abend eben dieser verkauft werden müssen, gehen doch alle Erlöse an die Berliner Kinderhilfe.
Derart befeuert legen sich die BerlinerInnen ins Zeug und Moneten und die Dinger fliegen nur so durch die riesenhafte, da leergeräumte, Grundhalle des ehemaligen wie zukünftigen Konsumtempels.
Von derlei Aufwand im Organisatorischen und mindestens eben soviel Nebeneinander ist man in der Denketage DER Galerie, der mit dem G, noch immer weit entfernt. Dafür anderen, neuen Modellen gegenüber sehr aufgeschlossen, mitunter werden solche auch hier entwickelt. Sozio- und marktnatürlich wollte Gagosian nie nach Berlin, natürlich, aber nun beginnt das rat-race um die verwegensten Ausstellungsräume. Worldwide, versteht sich.
Larry hat hier vorgelegt und die neue Nationalgalerie gekriegt, nicht gekauft, aber fünfzig Jahre zur Miete.
Dafür organisiert und zahlt er für ebendiese Zeit die Generaldirektorin für die noch übrigen Museen der Stadt.
Was radikal und nach eieie und nanana und huihuihuihui klingt, macht doch am Ende des Tages total viel Sinn.
Der Laden, jetzt der mit dem G, hat eh mehr Kohle als die Museen in Berlin, macht also auch mehr Macht. Global diese zwar, aber auch in Berlin konnte man da Verwerfungen bemerken.
Auch sind die Ausstellungen, in den dann sicher fast über 20 Filialen recht oft auf ziemlich musealem Niveau. Was nicht für jedes echte Museum gilt, nicht weltweit und auch in Berlin nicht. Zumal, so wissen viele und sagen weniger, deren Ausstellungen oft nur noch mit Geld von anderen passieren, was nicht immer nur neutral und einfach so geschieht.
Da ist das doch nur konsequent, was nun passiert, schreiben viele. Und andere erbrechen sich öffentlich vor so viel Ausverkauf.
Wer hier wen wofür bezahlt, und ob, das ist nicht sicher. War es jedoch nie.
Sicher ist, wer diesen Deal einfädelte. Nämlich Engelbert Lütge Daldrup. Häh, sagen viele aufmerksame LeserInnen nun. Stimmt. Der Herr war Chef vom Flughafen, der viele Jahre dieses Wort – wenngleich dessen Funktion gar schrecklich ist – ad absudrum führte. Doch er schaffte, was allen davor nicht nur nicht gelang. Schaffen kommt von schufften und er hat’s geschafft. Ob gut oder schlecht man das nun finden mag, tatsächlich ist es es.
Das dachte auch eine Gruppe Berliner Szenegastronomen, von denen mindestens einer auch etwas von Holz versteht. Sie zettelten einen Volksentscheid an, aus dem ELD (in Analogie zum Trend, die Flughäfen mit drei Lettern zu betiteln) als Sieger und damit als Regierender (Hybris, anyone?) hervorging.
Und, Menschenskinder, der packts an. Keine Kontrolleur­Innen mehr in der BVG, dafür echte und hohe Schranken an den Bahnhöfen. Wer’s durchschafft, der darf umsonst fahren. Zack; ein Typ, ein Wort.
Vorbei auch die Missverständnisse, was eine Straße und was ein Fahrradweg ist; die Dickeren kommen durch die Trennungen gar nicht durch. Einfach, fast genial.
Auch die MilliardärInnen haben besser lachen. Sie kriegen nun noch günstiger als alle anderen schöne Gebäude für die Kunst. Wenn sie die gesparte Differenz spenden. Und nicht an die eigene Stiftung; nein, blöd ist ELD nicht.
Blöd ist nur, dass auch er bald wieder etwas anderes macht. Aber, was ist schon für die Ewigkeit gebaut?