Ein Pressetext von hundert

2012:Dec // Peter Koch

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12-2012

















Seine künstlerische Auseinandersetzung mit Natur und Kultur zieht sich wie ein roter Faden durch sein Werk. Jede horizontale Linie stammt aus dem Tagebuch der Traumfarben, jede vertikale ist innig mit einer Kindheitserinnerung und deren eigentümlicher Couleur verbunden: Die Farbe der Treppe seines Elternhauses; das Spielzeugtelefon; ein Sofa; das erste Auto der Eltern, ihre Teetassen. Erste Bekanntheit erlangte er in den frühen sechziger Jahren als Verfasser von konkreter Poesie. Dies ist nicht als eine restaurative, sondern vor allem als analytische Geste zu verstehen, erlaubt sie den Betrachter/innen doch, für die Dauer dieser Ausstellung das Ephemere des Galerieraums und die Revision einer Ordnungsgeste tatsächlich zu erleben. Ob im Flugzeug, Hotelzimmer oder in den eigenen vier Wänden – Fokus ist der Moment zwischen Schlafen und Wachen, das Experimentieren und Suchen innerhalb dieses flüchtigen Stadiums. Aus grober, theatralischer Animation wird eine friedliche und hypnotische Erfahrung. Im Zentrum dieser Ausstellung stehen mehrere direkt auf die Wand gemalte Werke. Dadurch verschränkt sie nicht nur die unterschiedlichen Funktionalitäten von Bauplanung und innenarchitektonischer Ausstattung, von konstruktiver Rationalität und ornamentalem Schmuck, sie besetzt auch eine definitorische Restfläche des Galerieraums. Eine Rekontextualisierung, die einen meditativen Blick impliziert und überrascht. Sie setzt bei den Vorsokratikern ein und führt über Rousseaus Naturidealismus, die Französische Revolution und den Neoklassizismus über das Dritte Reich bis zur Gegenwart. Die Untersuchung von Gedächtnis, Farbe und der Beziehung zwischen Zuständen des Bewussten und Unterbewussten sind wiederkehrende Schnittpunkte. Die Grenzen zwischen subjektiver Erinnerung und vorgeblicher Realität verschwimmen. Das ungewöhnliche Gesamtkunstwerk kombiniert traditionelle englische Landschaftsarchitektur, avantgardistische Kunst und Poesie; es ist erfüllt von Witz, Ironie und einer gewissen Respektlosigkeit gegenüber den Konventionen der Moderne.

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–     Spencer Finch „Not precisely knowing, Not precisely knowing not“, 16. November 2012–11. Januar 2013, Lisson Gallery Milan
–     Ian Hamilton Finlay „Inter artes naturam“, 17. November – 12. Januar 2012, Nolan Judin, Berlin
–     Karin Sander „h = 400 cm“, 2. November – 22. Dezember 2012, Esther Schipper, Berlin

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