Konversationsstücke

Johnen

2010:Feb // Jasmin Jouhar

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02-2010
















Ein runder Geburtstag ist ein guter Anlass, sich mit sich selbst zu beschäftigen – mal sehen, wo man so steht. Wenn ein Galerist auf 25 Jahre Tätigkeit zurückblicken kann, dann lässt er natürlich das Who’s who einst und jetzt in einer Gruppenausstellung Revue passieren. Und wenn es sich dabei um einen Galeristen mit gewissem Anspruch handelt, wie Jörg Johnen, dann belässt er es nicht bei einer bunten Geburtstagsschau, sondern bestellt bei Jens Hoffmann, dem Direktor des kalifornischen Kunsthauses CCA Wattis Institute, eine kuratierte Ausstellung: Hoffmann entwickelte ein dreiteiliges Konzept namens „Konversationsstücke“, das sich an den drei Akten des klassischen Kammerspieles orientiert. Der erste Ausstellungsteil hieß folgerichtig „Exposition“; „Konfrontation“ und „Auflösung“ folgen.

Eigentlich ist die Jubiläums-Ausstellung ein bisschen spät dran, denn der 25. Geburtstag war schon im vergangenen Jahr: 1984 eröffnete Johnen zusammen mit Rüdiger Schöttle aus München in Köln die Galerie Johnen & Schöttle, bekannt für große und internationale Namen aus Konzeptkunst und Fotografie wie Dan Graham, Jeff Wall oder Thomas Ruff. Nach 25 Jahren beendeten die beiden 2009 ihre Zusammenarbeit, Schöttle konzentriert sich auf seine Münchner Galerie und Johnen auf Berlin, wo er seit 2004 präsent ist. Allerdings „teilen“ sie sich weiterhin ihren Künstlerstamm.

Schon das Foyer der Johnen-Galerie stimmt auf das Thema von „Exposition“ ein: Die Wände sind rot gestrichen, die beiden Durchgänge zu den Ausstellungsräumen von roten Samtvorhängen gerahmt, und an den Wänden prangen in goldenen Lettern der Titel und der Einführungtext. Hier geht es um den großen Auftritt: Den studierten Theaterregisseur Hoffmann interessieren die theatralen Qualitäten der Arbeiten, die er in einer bühnenhaften Inszenierung herausstellt. Die Leuchtstoffröhren sind ausgeschaltet, anstelle des gleichmäßigen Galerielichtes setzen Spots die Arbeiten des ersten Teils (von Hans-Peter Feldmann, Tim Lee, Martin Creed, Rodney Graham, Roger Ballen und Anri Sala) in Szene. Je zwei Künstler werden in einem Raum zusammen präsentiert, sozusagen ins Gespräch vertieft, wie der Titel der Ausstellungsreihe nahelegt.

Creeds drei asynchron klackende Metronome auf dem Boden des großen Ausstellungsraumes scheinen den vierhändig spielenden Pianisten auf Grahams beiden großen, fotografischen Doppelselbstporträts den Takt vorzugeben: eine Inszenierung über die medialen Grenzen hinweg, die zwei denkbar gegensätzliche künstlerische Positionen zusammenbringt. Die Intensität der menschlichen Präsenz demonstriert die Gegenüberstellung von Ballens Schwarzweißfotos und einem projiziertem Filmstill Salas im zweiten Raum. Es zeigt das hochkonzentrierte Mienenspiel Andre Agassis im Angesicht eines Tennisballs. Ballens Fotos wiederum konfrontieren uns mit Außenseitern und vom Leben Gezeichneten, die trotz allem selbstbewusst in die Kamera zu blicken scheinen.

Im dritten Raum haben Neil Young und ein unbekannter Musiker ihren Auftritt: Young in einer Arbeit von Tim Lee, die mit einer leicht verschobenen Dreifachprojektion das Bild des Musikers auflöst. Fleißig konstruieren darf der Besucher dagegen bei Hans-Peter Feldmann: ein altmodischer Holzschrank mit gläsernen Türen, in dem eine Reihe von Herrenhüten, -schuhen, ein Cornett und ein Kinderball präsentiert werden. Der erste Gedanke: die Habseligkeiten eines schwarzen Jazzmusikers? Aber was soll der Ball? Dass bei Feldmann die Dinge weniger eindeutig sind als sie zu sein scheinen, darauf deutet der daneben positionierte Eimer voll mit Eiern. Und damit die Ausstellung auch vernünftig in den postulierten Theater-Kontext eingebunden ist, gesellen sich zu den künstlerischen Arbeiten originale Plakate, Programmhefte und Aufführungsfotos von historischen Inszenierungen des Deutschen Theaters, unweit der Galerieräume gelegen. Auf die Gefahr hin, dass die historische Aura von Max Reinhardt-Stücken oder frühen Castorf-Inszenierungen der zeitgenössischen Kunst die Schau stiehlt.

„Konversationsstücke“
Galerie Johnen
Marienstraße 10
10117 Berlin
Akt I („Exposition“) 09.01.–06.02.2010
Akt II („Konfrontation“) 13.02.–13.03.2010
Akt III („Auflösung“) 20.03.–17.04.2010

Galerie Johnen, Ausstellungsansicht „Konversationsstücke“ (© the authors)
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