Danh Vo

Isabella Bortolozzi

2007:Jul // Barbara Buchmaier

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07-2007
















Es war ein sehr persönlicher Text von einem gewissen Joe Carrier, der die Ausstellung "Good Life" des 1975 in Vietnam geborenen Künstlers Danh Vo als Pressemitteilung begleitete. Der Autor schilderte in sorgfältig gewählten Formulierungen, wie er Danh Vo in Los Angeles ansprach, weil er am Namen seine vietnamesische Herkunft erkannt hatte, dass er ihn zu sich einlud und dass dem Künstler die ihm gezeigten Fotografien, welche persönlichere Aspekte aus Carriers Intimleben offenbarten, gefielen. Wie man dem Text auch entnehmen konnte, war Joe Carrier noch vor Vos Geburt für längere Zeit in Vietnam gewesen.Die Ausstellung, zu der der Künstler mit einem roten, mit goldenen asiatischen Schriftzeichen bedruckten Faltblatt eingeladen hatte, zeigte die Galerie in einer quasi musealen Inszenierung. In die mit einer goldenen Damasttapete verkleideten Wände waren mehrere kleine Glasvitrinen eingelassen, in denen schnappschussartige Fotografien von jungen asiatischen Männern in urbanem Ambiente, eine alte Fotokamera, ein A4-Skript über die Auswirkungen des Einsatzes von Pestiziden während es Vietnamkriegs, und eine Visitenkarte von Joseph M. Carrier zu sehen waren. Kleine Schildchen erläuterten Titel und Entstehungszeit der Exponate, die Sechziger-und Siebzigerjahre. Das Fenster und die gläserne Eingangstüre der Galerie waren verdunkelt, der Innenraum nur durch künstliches Licht beleuchtet. Das gesamte Szenario vermittelte den Eindruck einer geheimnisumwölkten Schatzkammer. Ein Gefühl von Intimität lag in der Luft.Las man den Pressetext von Jo Carrier zusammen mit dieser Präsentation, ließen sich relativ einfach Zusammenhänge zwischen den Exponaten und dem Autor herstellen. Doch in Gesprächen mit Ausstellungsbesuchern war Unsicherheit über die Figur Jo Carrier und die Herkunft der Objekte zu vernehmen, die der erst 1975 geborene Künstler hier unter seinem Namen ausstellte. Danh Vo war es also gelungen, verschiedene Imaginationsräume zu eröffnen.Wenn man nun anfängt, ernsthafter über "Autorschaft" zu reflektieren, ist man beim zentralen Thema von Danh Vo angekommen, der 1980 zusammen mit seinen Eltern aus Vietnam floh und als Flüchtling nach Dänemark gelangte. Und wenn man erfährt, dass es Joe Carrier wirklich gibt, dass Vo mit ihm befreundet ist und die Ausstellungsstücke tatsächlich aus seinem Besitz stammen, verschwindet die geheimnisvolle Note aus dem vorgefundenen Labyrinth. Blickt man jedoch auf frühere Werke des Künstlers, findet man Beispiele, in denen er das Thema "Autorschaft" bereits umkreiste. So ließ er sich bei seiner Abschlusspräsentation an der Kunstakademie in Kopenhagen durch seine Eltern vertreten und für das Projekt "American Traitor Bitch" (2006) rekonstruierte sein Frankfurter Kunstprofessor Tobias Rehberger anhand seiner Beschreibungen das Flüchtlingsboot, mit dem Vo und Familie nach Europa kamen. Danh Vo jedoch trat nicht als Co-Produzent in Erscheinung.In "Good Life" nun dreht Danh Vo den Spieß um. Unter seinem eigenen Namen inszeniert er Objekte aus der Sammlung des weißen, homosexuellen amerikanischen Anthropologen Carrier, ohne ihn als Urheber oder Besitzer aufzuführen. Wenn Vo uns dessen Objekte zeigt - darunter besonders einprägsam Carriers spontan für den Privatgebrauch aufgenommene Bilder von vietnamesischen, möglicherweise schwulen Männern, in denen sich die sexuellen Projektionen des Fotografen spiegeln - verweist er nicht nur auf das Vertrauensband zwischen ihm und Carrier, sondern viel mehr auf seine eigene, jedoch aufgrund der späten Geburt nicht selbst erlebte Vergangenheit und Problematik als homosexueller Vietnamese. Er verklittert seine und Carriers Biografie, er spiegelt und verlängert sich selbst in den Dokumenten und im exotisierenden Blick des amerikanischen Anthropologen, macht die Ausstellung zu einer Membran zwischen zwei Körpern, zwei Biografien. Besonders deutlich wird Vos Strategie in dem Fakt, dass er selbst die Titel der Fotografien erfand, die Pressemitteilung jedoch von Carrier verfasst wurde.Ich würde nicht so weit gehen, dieses leicht affektiert wirkende Verwirrspiel als "typical gay" abzutun. Vielmehr begreife ich die hier exponierte Darstellung des "Andersseins" als Quelle für zukünftige (eigene) Träume und Eskapismen. Danh Vo ist eine sehr eigenständige und auch emotionale Ausstellung gelungen, die sich vom eher trocken-konzeptuellen Stil seiner älteren Werke deutlich absetzt.

Danh Vo "Good Life"
Galerie Isabella Bortolozzi
Schillingstraße 31
27.4.-8.6.2007
Danh Vo (© Courtesy Isabella Bortolozzi)
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