Terry Haggerty

Kuttner Siebert

2008:Jul // Peter K. Koch

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07-2008






Das ist überraschend. Beim Betrachten der Bilder des US-Amerikaners Terry Haggerty bei Kuttner Siebert verfällt man nicht wie erwartet sofort in die abgegriffenen Denk- und Sortiermuster, obwohl man sich schnell sicher ist, es hier mit einer Weiterentwicklung gewisser Handlungsmodelle amerikanischer Minimal Art zu tun zu haben. So ist eines der plakativsten Merkmale der Minimal Art die vermeint­liche Abwesenheit der künstlerischen Hand. Das sticht auch hier zuerst ins Auge. Anders als die momentan im Kunstbetrieb stark präsenten Überprüfungen künstlerischer bzw. kunsthistorischer Vorgaben der 60er und 70er Jahre, die ihre virulente Lebendigkeit aus der Brechung herstellungsdiktatorischer Dogmen us-amerikanischer Vordenker generiert, arbeitet Haggerty in gewissem Sinne traditionell. Heute wird überwiegend gebastelt minimalisiert und ganz im Gegensatz zu den Vätern (Mütter gab es ja wohl kaum) der Minimal Art darf heute, bis auf wenige Ausnahmen, auch nicht der Anschein der industriellen Fertigung im Vordergrund stehen. Die Hand des Künstlers soll wieder in jeder Sekunde spürbar sein. Das Geniale muss durchbrechen. Das ist eine logische Entwicklung und darüber hinaus eine notwendige Revision eines kunsthistorisch überaus tragfähigen Phänomens. Daran arbeitet sich seit Jahren eine jüngere Künstlergeneration sehr erfolgreich ab. Haggerty geht einen anderen Weg. Und dieser Weg ist nur auf den ersten Blick ein schwieriger, auf den zweiten aber ein durchaus konsequenter. Haggerty produziert technisch absolut perfekte Bilder, deren Entwürfe mit dem Computer hergestellt worden sind. Die Motive dieser Entwürfe werden dann mittels einer Maskierungs­folie auf eine perfekt glatt grundierte Leinwand aufgebracht. Es folgt das Ausmalen oder Aussprühen, mal monochrom, mal mit einem zarten Farbverlauf von der einen zur anderen Farbe. Ist die Farbschicht aufgebracht und sind die Ränder des Motivs von jeglicher Verunreinigung und Ungenauigkeit gesäubert, so werden die Leinwände final mit einer Serie von Firnissschichten veredelt. Bei der Betrachtung der Ergebnisse muss man unwillkürlich an etwas unter einer dicken Eisschicht Liegendes denken. Der Betrachter wird durch diesen Kunstgriff auf Abstand gehalten und kann das Motiv, auch wenn er sich noch so dicht vor das Bild stellt, nicht abschließend begreifen. Der Schlüssel hierzu liegt sicherlich an der technischen Raffinesse der fehlerfreien und perfekten Oberfläche, aber auch in der einzigartigen Motivik, die sich Haggerty in den vergangenen Jahren erarbeitet hat. Und da sind wir bei der zweiten nährenden Mutter aus der jüngeren Kunstgeschichte, die bei Haggertys Bildern ungefiltert durchscheint, nämlich der Op Art. Igitt, Op Art! werden jetzt manche denken. Die Op Art genießt in weiten Kreisen nach wie vor keinen guten Ruf. Als weithin isoliertes und vermeintlich rein visuell-dekorativ operierendes Phänomen der Kunst hat sie insgesamt nicht ausreichend Anknüpfungspunkte in die Gegenwart legen können, um heute noch gemocht zu werden. Haggerty arbeitet in seinen Bildern und Wandbildern jedoch durchaus konsequent mit den visuellen Tricks, der Op Art. Vereinfacht gesagt geht es um Verschiebungen und Effekte, um das Vortäuschen von Räumlichkeit wo Flächigkeit ist. Bei Haggerty ist es das punktgenau gesteuerte Aufeinanderprallen von Op und Minimal, das seine Bilder vibrieren lässt und zu keiner Zeit in die muffige Ecke manövriert. Vielmehr stehen sie als weithin sichtbare Monolithen in der zeitgenössischen Kunstlandschaft. Digital ist eben doch besser.

Terry Haggerty
Kuttner Siebert Galerie
Rosa-Luxemburg-Straße 16
3.5.–14.6.200
Terry Haggerty „Generator“, 2008 (© Courtesy Kuttner Siebert Galerie, Berlin)
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