Kai Teichert

Saarländische Galerie

2013:Dec // Christoph Bannat

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12-2013














Sie hassen seine Bilder
/ Kai Teichert in der Saarländischen Galerie

Sie hassen seine Bilder
Seine Bilder sind peinlich
Ungenau
ambivalent
Pfauenhaft
Gespreizt
Pfauenfederkronen
Gefächert
Radschlagend
Bewegend
Dynamisch
Im allgemeinen
Nackt
Stehend
Phallisch
kommend
Aus …

Ich wurde von Kai Teichert um einleitende Worte bezüglich seiner Retrospektive im Palais am Festungsgraben (Berlin), gefragt. Es wurde ein phonetischer Schrei-Vortrag. Seit Mitte der 90er begleite ich seine Bilder beobachtend und wünsche sie mir heute mehr denn je von „Texte zur Kunst“ besprochen. Denn es sind genau solche Art von Bildern, die dort eben nicht besprochen werden. Den Widerstand moderner Menschen, den diese bei seinen Bildern empfinden, ist ein starkes, in seiner Stärke sehr komplexes Gefühl. Oft habe ich mich als modernen Menschen befragt. So auch zu meinem Schrei-Vortrag. Bei der vorausgegangenen Recherche ging ich chronologisch vor und klopfte die von Kai erzeugten, oder behandelten Metaphern von allen Seiten ab.

… In wörtlich blühenden, Headline fett und nach gerichteten Landschaften
Kohlscher-Prägung.
Vor der Mensch und Tier.
rumstehen
Bereit zum Auszug.
Verharrend
In autistischer
Beziehungsartistik
einer
Familienaufstellung.
Zum Zeitvertreib reitend auf.
Dem platten Land.
Ausgesetzt dem Himmel.
Der Neulandgewinnung
Nord- Nord-westlicher Prägung.
Als Gegenwurf .
Geworfen.
Zwischen Oel- Tanker und Arche.
Geschützt vom Zerstörer.
Inmitten einer Dingwelt, ohne 4 Wände.
Ins Ungefähre trotz Übersichtlichkeit.
Fertig
Mit Kind und Kegel
fürs platte Arkadien …

So liest sich die Palais-Schreierei. Und ich stellte fest, wie“ politisch“ seine Metaphern sind. Einerseits, anderseits beseelt von einer genialen Schlampig- und erregender Ungenauigkeit, bei größtmöglicher, dem Inhalt entsprechender, formaler Präzision. In Zeiten, in denen Künstler eher ihre Unfähigkeiten kultivieren, oder den Ikonoklasmus als bildgebendes Verfahren wählen, glaubt hier jemand an Malerei als bildgebendem Medium. Zugegeben, ein alter Glaube …  

Dort wo sich nur die Phantasie erhebt.
Reitend mit Velázques und Cranach auf einem Tapir in einem implodierten Poussin.
Vielfältig gestrandet, ohne je
ausgefahren zu sein.
Gerettet durch erregende Unschärfe.
Frei Körper Kultivierte Fleckenteufel
Propaganda für ein Recht auf Nacktheit.
Jenseits des theatralischen Schutzraums
Zivilisation, Mobiliar und Immobilien.
Wie leben?
Im Grünen-----------------------2000–2005
Mensch entkernte Landschaft – nahe zu
bis sich im Teich widerspiegeln Kleider.
Stücke der Menschheit.
Zaungäste im Jagdgebiet
Grund-
Besitz
Tier
garten----------------------------2003–2005
Fremde
Zaun
Gast
Blicke
auf manieristisch verschwurbelte Pinsel- Strich-Dramolette.
Handstreich gewilderte Böcklins

Als Dorf -(Depp)-Künstler wurde er hinter vorgehaltener Hand bezeichnet – davon kenn ich viele – bitte nennt sie mir und ich übernehme die Verteidigung. Tatsächlich scheint er manchmal nach dem „dümmsten“ Bild zu suchen. Aber ist das nicht ehrenhaft, wenn ein Künstler, seine Grenzen auslotet und uns daran teilhaben lässt?

… Boat-Trip-----2006---------------------------
Trip.
Das Leben als Ernstfall
Bootweise
Ladung
Auf hoher See
People
Grenzüberschreitend
Frontex
erfahren.
Zwischen Leben und Tod.
Im Mittelmeer
Mittelerde zwischen
Ich und Welt.
Bewegend
Feuchte Zwischenräume
Über
Lethe. Styx.
Fahrt zum Selbst:
verschuldeten
Schiffbruch mit Zuschauer.
Ohne Steuer oder Segel.
Nur mit einer Fahne
Um Aufmerksamkeit
Auf dem Meer des Lebens bittend
unter Einsatz des eigenen
als Risikokapital – Künstlerweisheiten
(Théodore) Géricaults Floß der Medusa zitierend – wessen Menschenrecht,
Das bedrängte Leben in der Aufsicht.
Verlust der Körper.
Ineinander Geschobener
Grenzen.
Nackter See. Agambens Nacktheit.
Überlebender des eigenen Lebens.
Und doch nur ein Stück.
See
   
Kai Teichert „Lingua Franca“,
Saarländische Galerie – Europäisches Kunstforum e.V., Am Festungsgraben 1, 10117 Berlin, 16.5.–30.6.2013 

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