Die Kunst der Nuller

Teil 4: André C. Hercher

2009:Jun // Germann/Koch

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06-2009
















von hundert  /  Wie viele Fotos hast du während des Gallery-Weekends gemacht?

André C. Hercher  /  Fünf- bis sechshundert würde ich schätzen. Ich zähle ja nicht.

von hundert  /  Und wieviele schätzt Du, hast du während der letzten zehn Jahre gemacht, den kolumnentitelgebenden nuller Jahren? Dann würde uns der ungefähre Anteil der Bilder, die Du im bildenden Kunstbetrieb aufnimmst, interessieren?

Hercher  /  Der Anteil dürfte etwa zehn Prozent betragen... wobei man die zehn Prozent nicht mit der Zahl aus der ersten Antwort in Bezug setzen darf, weil es eben ein Kunstwochende war, wo der Anteil bei über siebzig Prozent lag. Eine absolute Zahl für die letzten neun Jahre (das 3. Jahrtausend) habe ich nicht.

von hundert  /  Aber du könntest die ungefähre Zahl hochrechnen und schätzen? Hast du ein digitales Archiv?

Hercher  /  Meine Archivierung hilft mir erstmal nicht bei der Ermittlung der Gesamtzahl. 200 000 sind es jedefalls sicher.

von hundert  /  Hat sich der Anteil der kunstspezifischen Fotos zu den anderen in den letzten Jahren verändert, oder waren das immer zehn Prozent? Die Kunstszene sieht sich ja oft als Nabel der Kultur in Berlin, was ist dein Eindruck, Du kommst ja weiter rum?

Hercher  /  Da ist die Kunstszene auch nicht anders als die Film- oder Theaterszene. Die „Berliner Welt der Kunst“ ist aber wirklich global eingebunden und unterscheidet sich so vorteilhaft von den anderen. Dieser qualitative Unterschied wird nun leider nicht hinreichend durch Fotoanteile wiedergegeben. Vermutlich ist der Anteil aber über die Jahre konstant geblieben.

von hundert  /  Wie kamst du eigentlich zum Fotografieren? Wir hörten öfter eine Art Spitznamen für dich – „der Physiker“, hast du mal was mit Naturwissenschaften zu tun gehabt?

Hercher  /  Das ist kein Spitzname, das ist eine Berufsbezeichnung. Doch da der Arbeitsmarkt der Wissenschaft auch so seine Zyklen hat, bot es sich zwischendurch an, ein Hobby zu monetarisieren.

von hundert  /  Und arbeitest du manchmal noch in deinem alten Beruf?

Hercher  /  Nein. Dafür ist die Physik zu anspruchsvoll, als dass man sie ernsthaft nebenbei oder saisonal betreiben könnte.

von hundert  /  Wie sieht es in deinem neuen Beruf mit den Verdienstmöglichkeiten aus? Ist es so, dass das Verhältnis Deiner Bildproduktion sich auch in Deinem Verdienst wiederspiegelt, sprich, verdienst Du an den Bildenden-Kunst-Fotos auch ungefähr zehn Prozent oder ist das mehr?

Hercher  /  Schön wärs, wenn es zehn Prozent wären. Bei der Kunst ist es aber eher beim Hobby geblieben.

von hundert  /  Ist dir in den letzten Jahren eine Veränderung der Kunstszene aufgefallen, haben sich die Leute verändert oder die Kunst?

Hercher  /  Besonders bemerkenswert finde ich die Kommerzialsierung der Kunststudenten. Wurden früher einfach Abrisshäuser besetzt und für spontane Kunstaktionen genutzt, dann werden jetzt Produzentengalerien gegündet.

von hundert  /  Diese Professionalisierung ist ja nicht nur bei den Kunststudenten zu spüren sondern auch im direkten Umfeld bzw. in der Produktion dieses Umfeldes – und im Prinzip trägst Du ja durch Deine Arbeit gewissermaßen dazu bei, würdest Du das auch so sehen?

Hercher  /  Nein. Ob ich vorbei schaue und ein paar Fotos mache hängt ja nicht davon ab, ob ich nachts einen kopierten Flyer zugesteckt bekomme oder ob mich die PR-Dame anruft.

von hundert  /  Aus was für einer persönlichen Motivation heraus machst Du denn dann Deine Bilder?

Hercher  /  Fotografieren ist eigentlich nur ’ne Gedächtnisstütze.

Garbo (© 2009 Foto: André C. Hercher)
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