Alexandra Schumacher in der Vero Linzmeier Galerie

/ Was aufsteigt, muss auch wieder fallen

2011:Aug // Anne Fäser

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07-2011











Eine Wendeltreppe, eingeschraubt zwischen Boden und Decke, ermöglicht den Aufstieg. Von dort oben aus ist ein erhöhter Blick in den Raum möglich. Die Treppe war das zentrale Motiv der Ausstellung von Alexandra Schumacher in der Galerie Vero Linzmeier in Berlin-Charlottenburg. Vom Schaufenster aus betrachtet, lockte sie mit einer illusionistischen, stetig aufwärts strebenden Spiralbewegung. Doch ging man diesem Trieb nach und stieg bis zum höchstmöglichen Punkt vor der Decke, konnte man schnell die Ernüchterung des Strebens nach Oben erfahren. „What goes up must come down.“ Dieses Sprichwort wurde in den einzelnen Elementen innerhalb der Gesamtinstallation im Raum in Form von Aufwärts- oder schraubenden Bewegungen immer wieder durchgespielt. Sie fanden sich in einer Skulptur mit aufgefächerten Holzspalten, in einem möbelartigen Objekt mit Spiral-Enden, in einer Fotografie von einer Wendeltreppe im Weddinger Amtsgericht sowie in einem Film.

Dieses wiederkehrende Motiv ließ durchaus Bezüge zu einem gesellschaftlichen Phänomen herstellen, dem Streben nach dem großen Glück. Auf der Suche nach diesem, nach Erfolg und sozialer Anerkennung, soll die Steigerung bis zum Maximalen, das (Sich-)nach-oben-Schrauben, das Darüberstehen ein unbeirrbarer Garant sein. Auch in verschiedenen Architekturen ist dieses Muster zu finden und ist doch nur Form gewordene gesellschaftliche Vorstellung.

Im Charlottenburger Bezirk konnte der Leitspruch „What goes up must come down“ durchaus als ironisch gelesen werden. Zwischen Edelboutiquen, Porsche Cayenne und gutbürgerlichem Establishment platzierte die Künstlerin eine Installation, die den sozialen Aufstieg als eine Form von Anpassung an Gegebenheiten präsentierte. Neben der freistehenden Wendeltreppe waren Möbelstücke, Fotos und elektronische Geräte zu einer architekturartigen Installation aufgetürmt. Dabei wurden bewusst Objekte integriert, die an ein bürgerliches Wohnumfeld erinnerten, wie etwa eine Deckenlampe aus den 1950er Jahren oder das bereits erwähnte maßgefertigte, möbelstückartige Holzobjekt. Alexandra Schumacher reagierte auf die räumliche Situation sowie den Standort der Galerie und konnte dabei geschickt die Hierarchien zwischen Kunstwerk und seinem architektonischen Rahmen verwischen. Denn die Objekte ließen sich innerhalb des als Ladenfläche renovierten Raumes auch wie zum Verkauf stehende Accessoires der realen Lebenswelt lesen.

Doch gerade mit der zweckentfremdeten, skurrilen Türmung widersetzte sich die Künstlerin den Konventionen. Zudem setzte die Präsentation der Wendeltreppe im Schaufensterbereich der Galerie den verkaufsorientierten Dekorationen der Nachbargeschäfte durchaus etwas Befremdliches entgegen. Dekorativ wurde es bei Schumacher auch, wenn sie die dunkelbraun gerahmten Fotografien adrett an die Wand hing. Die darauf abgebildeten Installationen aber zeigten Variationen der Rauminstallation, die gerade in ihrer Verschiedenartigkeit wiederum eine Verweigerung gegen das Establishment versuchten.

Alexandra Schumacher „Carrier Grade“, Vero Linzmeier Galerie, Pestalozzistraße 105, 10625 Berlin, 31.3.–21.4.2011

Alexandra Schumacher „Carrier Grade“, 2011, Ausstellungsansicht (© Galerie Vero Linzmeier, Berlin)
Alexandra Schumacher „Carrier Grade“, 2011, Ausstellungsansicht (© Galerie Vero Linzmeier, Berlin)
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