Stephan Gripp

Kai Hoelzner

2007:Nov // Dominikus Müller

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11-2007
















Stephan Gripps Ausstellung in der neu eröffneten Galerie Kai Hoelzner am Kottbusser Tor punktet schon bevor man sie gesehen hat mit ihrem Titel: „Falcos Grab“. Die Ausstellung gibt sich dann auch genau so: straighte 80er Jahre Referenzen, formal wie inhaltlich, Schmierigkeit und Trash, gepaart mit dem Willen zum Exzess, viel morbider Charme, ein bisschen Psychoanalyse und das alles leicht verquer zusammengeschraubt.  

An den Wänden ein großformatiges Poster, da nicht aufgezogen leicht durchhängend, und ein titelloses Tryptichon, bestehend aus drei Collagen. Letzteres erinnert in seiner mit der Schere ausgeschnittenen und auf Karton aufgezogenen kantig-eckigen Formen direkt an selbstgebastelte Kassettencover diverser New-Wave-Bands Anfang der 80er Jahre. Die definitiv interessanteren Arbeiten sind aber zwei Objekte: „Golden Energy“ und das titelgebende „Falcos Grab“, das in der Mitte der Galerie aufgestellt, die Szenerie dominiert. „Golden Energy“ sieht ein bisschen aus wie ein billiger 80er Jahre Couchtisch – aus weiß furnierten Holzplatten, am Sockel mit Goldfolie und Spiegelfliesen beklebt und oben unter einer dünnen Glasplatte ein farbig angesprühtes Zimmerpflanzen-Blatt. Die Schmierigkeit und der Trash, der sich mit dem Namen Falco verbindet, spricht auch aus diesem Objekt, der Wille zum Glam genauso wie die fiesen Wohnzimmer-Untiefen dahinter – aus einer bestimmten Perspektive ergibt sich in den Spiegeln eine endlose Vervielfältigung, die direkt nach unten weist, unter die Erde oder in die Abgründe der Psyche. „Falcos Grab“ versucht dann noch etwas offensiver, die Medienperson Falco und deren Faszination mit dem Tod über eine Art personalisierende Psychoanalyse des Hans Hölzel (so Falcos bürgerlicher Name) aufzuschließen: Die drei Schläuche, die aus der senkrechten Grabplatte – auch sie mit Spiegelfliesen beklebt – ragen, sollen an die drei Hölzel-Brüder erinnern, von denen nur einer, Hans, lebend zur Welt kam. Ob das hier Nabelschnüre sind oder kleine dünne Kinderpenisse ist nicht so ganz klar. Gripp betreibt so eine Art morbides Trauma-Tracking, das Falcos unbremsbaren Drang nach Exzess und seinen „Todestrieb““ erklären soll durch eine pränatale Begegnung mit dem Tod, dem Stigma des Überlebthabens schon bei der Geburt.

Neben dieser inhaltlichen psychoanalytischen Dimension stechen formal insbesondere bei den dreidimensionalen Arbeiten die „armen“ Materialien ins Auge. „Arm“ im Sinne von billigem Baumarkt-Stoff: Hobbykeller, Bastler-Attitüde aber auch Do-it-yourself-Ästhetik, wie sie seit Ende der der 90er Jahre vielen Künstlern zu eigen ist. Die Trennung zwischen coolem diy und eher „peinlichen“ Hobbykeller-Attitüden lässt sich bei Gripp jedoch nicht so ohne weiteres ziehen. Tritt man zum Beispiel von der Seite an „Falcos Grab“, so wird ein dünner Spalt zwischen den Platten sichtbar, durch den man die Holzdübel sehen kann: mein Billyregal zuhause hat rein bautechnisch eine ähnliche Ausstrahlung. Hier wird durchaus ernsthaft gearbeitet, nur eben mit dem Resultat, dass alle Arbeiten irgendwie an bei Ikea oder Domäne zu kaufende Billigmöbel erinnern und diese in ihrer ganzen Schmierigkeit zeigt.  

Und so herrscht in den Arbeiten von Gripp eine gewisse Nachlässigkeit vor – und die scheint durchaus gewollt. Ganz so als wollten sie sagen: „Ich will das selber machen, aber kann’s halt nicht besser,“ sei es jetzt mangelndem Können oder den ökonomischen Zwängen geschuldet. Das wiederum wird aber offensiv rausgeknallt und verbindet sich auf eine sehr direkte Weise mit dem Charme von Hans Hölzel: So wie Falco auch auf dem Höhepunkt seines Ruhms immer irgendwie nach Swingerclub roch, so riechen die Arbeiten von Gripp bei Kai Hoelzner ganz bewusst und ausgestellt nach Einrichtungs-Discounter und Hobbykeller-Bastelei. Und das kann man schon als starkes ökonomisches Statement lesen in Zeiten von Diamanten-besetzten Totenköpfen: billige Schmierigkeit mit abgestoßenen Ecken und nicht ganz aufeinander passenden Kanten statt sündhaft teurer und medial hochgepitchter Slickness.  

Stephan Gripp,
„Falcos Grab“,  
Kai Hoelzner,
Adalbertstraße 96,  
21.9.–27.10.2007
Stephan Gripp „Falcos Grab“, Installationsansicht (© Foto: Kai Hoelzner)
Stephan Gripp „Falcos Grab“, Installationsansicht (© Foto: Kai Hoelzner)
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