Villa Massimo

Martin-Gropius-Bau

2007:Mar // Peter Lang

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04-2007
















Neulich in Berlin. Manchmal fließt ja Geld und sind Direktoren über das Maß engagiert, wo man es gar nicht vermutet. Eine auf Hochglanzkarton gedruckte Einladung verhieß eine Vorstellung der Deutschen Akademie Rom, besser bekannt als Villa Massimo, im Gropiusbau zu Berlin. Der Eingeladene, und betreffs der Anwesenheit des Herrn Bundespräsidenten extra zur Akkreditierung genötigte, erwartete natürlich eine Ausstellung der Stipendiaten. Welch Überraschung dann im gründerzeitlichen Ambiente vor Ort, die ganze Chose dauerte nur vier Stunden und war eine Fundraisingveranstaltung. Diesen Stil kannte man bisher nur als pr-Performance von Großkonzernen à la bmw und DaimlerChrysler oder im Gropiusbau auch schon mal als Event des Rüstungskonzerns eads, dessen friedliche Division Airbus heißt.

Das Ergebnis war betrüblich. Da man ja paritätisch sein muss, füllt eine Schriftstellerin einen ganzen Raum als Lesezirkel mit Ausstellung ihrer Werkzeuge und bittet Besucher um das Weiterschreiben einer Geschichte zum Abend. Putzigerweise auf einer alten ddr-Reiseschreibmaschine vom Typ Erika. Ein Architekt glänzt mit konzeptuellen Guckkästen, eine Landschaftsarchitektin mit soziologischen Analysen aufgeblasen auf Wandkarten. Komponisten müssen die Leere von Räumen bühnenbildnerisch vertuschen. Eine Videokünstlerin zeigt aufgrund der beschränkten Zeit gleich sieben Videos auf drei Leinwänden als Loop. Und fürs politische Anliegen hängen noch Luftballons mit martialischen Szenen im Raum. Na hoffentlich hat der korrekte Bundespräsident das auch gesehen.

Deutschlandfunk und Süddeutsche Zeitung katzbuckelten noch am gleichem Abend, respektive nächstem Tag. Von einer Laufzeit nichts zu hören, dafür nette Beschreibungen des platzierten Ausstellungsgutes. Allerdings kam man nicht umhin zu bemerken, dass man von den meisten Stipendiaten nie wieder etwas gehört habe. Na an diesem Abend waren davon reichlich anwesend, die sich bei Häppchen und Wein, dieser allerdings wegen der Kosten wohl nicht dem sonstigem Standard des Direktors der Villa zu Rom entsprechend, die Händchen gaben. Drumherum das Personal der Bundesinstitutionen, also der Geldgeber. Schön für die Herrschaften, auch mal im Rampenlicht des künstlerischen Antichambrierens flanieren zu dürfen.

Früher hätte man so etwas wohl in Bonn erwartet, am Niederrhein, da war man noch unter sich. Das diese Werbever­anstaltung heute in Berlin realisiert wird, hängt natürlich nicht nur mit der Nähe der Ministeriellen zusammen. Berlin ist die gewünschte attraktive Plattform, das Spiegelein. Da man in Rom keine nennenswerte Resonanz erzielt, kommt man zum Berg. Wozu auch nachhaltige Aufmerksamkeit in Rom? Da ist ein Übermaß an Kunstgeschichte vorhanden und für die Spielebenen zeitgenössischer Kunst, so diese nicht zur ersten Liga zählt, ist das römische Patriziat – und das sind doch wohl immer noch die Dreher der Kultur oder? – taub. Deshalb auch die Klagen und das Jammern einiger bildender Künstler, Schriftsteller und Komponisten über die mangelnde Resonanz und das anscheinende Versagen des Direktors als Vermittler, oder sollte man besser sagen Promoter.

Da liegt wohl einiges im Argen und ist mit dem Betteln um nach noch mehr Geld nicht zu beheben. Nicht nur, dass bei einem millionenschweren Relaunch der Anlage die Klimaanlagen vergessen wurden, das ganze ist überheizt und anachronistisch und bestenfalls als nobler Feriensitz für Künstler zu gebrauchen. So sind auch dieses Jahr erstaunliche Leute vor Ort anzutreffen, die sich doch eigentlich auch eine Ferienwohnung leisten könnten (siehe Programm 2007). Das Objekt wird also schon als Feriensitz für Künstler mit Familie begriffen. Aber Herr Bundespräsident, halten zu Gnaden, bereits für die Nazarener war Rom nicht nur Inspiration und Zubrot, sondern auch das Rückenmark ermüdende ästhetische Dauerkanonade. Schläfrigkeit stellte sich ein, heute in den Museen und Schriften zu betrachten und nachzulesen.

Man verkaufe lieber das Anwesen für möglichst viel Geld, lege das in einen Fond und vergebe gut dotierte Reisestipendien. Dann möge jeder Künstler frei entscheiden, wo in Italien er residieren möchte und seine Netzwerke zur geflissentlichen Weiterentwicklung selbst entwickeln. Unterstützungen von wem auch immer sind natürlich unbenommen. Und noch zum Schluss: Die Amtszeit des jetzigen Direktors läuft nächstes Jahr aus. Sollte das etwa der Hintergrund dieser Public-Relations-Veranstaltung gewesen sein? Na dann Respekt, so gut hat selten jemand öffentliche Gelder für seine Weiterempfehlung eingesetzt.

Villa Massimo im Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7
1.03.2007

Villa Massimo im Martin-Gropius-Bau (© Foto: Peter Lang)
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