Neulich in Berlin. Manchmal fließt ja Geld und sind
Direktoren über das Maß engagiert, wo man es gar nicht vermutet. Eine auf
Hochglanzkarton gedruckte Einladung verhieß eine Vorstellung der Deutschen
Akademie Rom, besser bekannt als Villa Massimo, im Gropiusbau zu Berlin. Der
Eingeladene, und betreffs der Anwesenheit des Herrn Bundespräsidenten extra zur
Akkreditierung genötigte, erwartete natürlich eine Ausstellung der Stipendiaten.
Welch Überraschung dann im gründerzeitlichen Ambiente vor Ort, die ganze Chose
dauerte nur vier Stunden und war eine Fundraisingveranstaltung. Diesen Stil
kannte man bisher nur als pr-Performance von Großkonzernen à la bmw und
DaimlerChrysler oder im Gropiusbau auch schon mal als Event des
Rüstungskonzerns eads, dessen friedliche Division Airbus heißt.
Das Ergebnis war betrüblich. Da man ja paritätisch sein
muss, füllt eine Schriftstellerin einen ganzen Raum als Lesezirkel mit
Ausstellung ihrer Werkzeuge und bittet Besucher um das Weiterschreiben einer
Geschichte zum Abend. Putzigerweise auf einer alten ddr-Reiseschreibmaschine
vom Typ Erika. Ein Architekt glänzt mit konzeptuellen Guckkästen, eine
Landschaftsarchitektin mit soziologischen Analysen aufgeblasen auf Wandkarten.
Komponisten müssen die Leere von Räumen bühnenbildnerisch vertuschen. Eine
Videokünstlerin zeigt aufgrund der beschränkten Zeit gleich sieben Videos auf
drei Leinwänden als Loop. Und fürs politische Anliegen hängen noch Luftballons
mit martialischen Szenen im Raum. Na hoffentlich hat der korrekte
Bundespräsident das auch gesehen.
Deutschlandfunk und Süddeutsche Zeitung katzbuckelten
noch am gleichem Abend, respektive nächstem Tag. Von einer Laufzeit nichts zu
hören, dafür nette Beschreibungen des platzierten Ausstellungsgutes. Allerdings
kam man nicht umhin zu bemerken, dass man von den meisten Stipendiaten nie
wieder etwas gehört habe. Na an diesem Abend waren davon reichlich anwesend,
die sich bei Häppchen und Wein, dieser allerdings wegen der Kosten wohl nicht
dem sonstigem Standard des Direktors der Villa zu Rom entsprechend, die
Händchen gaben. Drumherum das Personal der Bundesinstitutionen, also der
Geldgeber. Schön für die Herrschaften, auch mal im Rampenlicht des
künstlerischen Antichambrierens flanieren zu dürfen.
Früher hätte man so etwas wohl in Bonn erwartet, am
Niederrhein, da war man noch unter sich. Das diese Werbeveranstaltung heute in
Berlin realisiert wird, hängt natürlich nicht nur mit der Nähe der
Ministeriellen zusammen. Berlin ist die gewünschte attraktive Plattform, das
Spiegelein. Da man in Rom keine nennenswerte Resonanz erzielt, kommt man zum
Berg. Wozu auch nachhaltige Aufmerksamkeit in Rom? Da ist ein Übermaß an
Kunstgeschichte vorhanden und für die Spielebenen zeitgenössischer Kunst, so
diese nicht zur ersten Liga zählt, ist das römische Patriziat – und das sind
doch wohl immer noch die Dreher der Kultur oder? – taub. Deshalb auch die
Klagen und das Jammern einiger bildender Künstler, Schriftsteller und Komponisten
über die mangelnde Resonanz und das anscheinende Versagen des Direktors als
Vermittler, oder sollte man besser sagen Promoter.
Da liegt wohl einiges im Argen und ist mit dem Betteln um
nach noch mehr Geld nicht zu beheben. Nicht nur, dass bei einem millionenschweren
Relaunch der Anlage die Klimaanlagen vergessen wurden, das ganze ist überheizt
und anachronistisch und bestenfalls als nobler Feriensitz für Künstler zu
gebrauchen. So sind auch dieses Jahr erstaunliche Leute vor Ort anzutreffen,
die sich doch eigentlich auch eine Ferienwohnung leisten könnten (siehe
Programm 2007). Das Objekt wird also schon als Feriensitz für Künstler mit
Familie begriffen. Aber Herr Bundespräsident, halten zu Gnaden, bereits für die
Nazarener war Rom nicht nur Inspiration und Zubrot, sondern auch das Rückenmark
ermüdende ästhetische Dauerkanonade. Schläfrigkeit stellte sich ein, heute in
den Museen und Schriften zu betrachten und nachzulesen.
Man verkaufe lieber das Anwesen für möglichst viel Geld, lege das in einen Fond und vergebe gut dotierte Reisestipendien. Dann möge jeder Künstler frei entscheiden, wo in Italien er residieren möchte und seine Netzwerke zur geflissentlichen Weiterentwicklung selbst entwickeln. Unterstützungen von wem auch immer sind natürlich unbenommen. Und noch zum Schluss: Die Amtszeit des jetzigen Direktors läuft nächstes Jahr aus. Sollte das etwa der Hintergrund dieser Public-Relations-Veranstaltung gewesen sein? Na dann Respekt, so gut hat selten jemand öffentliche Gelder für seine Weiterempfehlung eingesetzt.
Villa Massimo im Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7
1.03.2007