Vanity Fairytales

2014:Mar // Elke Bohn

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03-2014














The Emporer strikes back

Den Klaus Wowereit mögen grad ja nicht so viele gut leiden in Berlin. Als ob er’s merken würde, gab er eine große Ausstellung in Auftrag, im alten Flughafen Tempelhof.
Die Idee dahinter, so flüstert es auf den Fluren der Senatskanzlei, war, den Modetypen mal so richtig zu zeigen, dass sie eigentlich und überhaupt gar keine Künstler seien. Und das am besten mit einer Kunstausstellung, mit lauter Arbeiten von Modeschöpfern. So weit, so gemein.
Und so in die Hose gegangen.
Der Dutzkumpel von Wowi, der Messeveranstalter mit dem Butterbrot, hat es sich nicht nehmen lassen, die Form zu gestalten und die alte Schalterhalle im alten Flughafen aufpolieren lassen, dass es eine Freude ist. Wo früher für Tickets und Gepäckaufgabe angestanden ward, sind heute hübsche und sehr klassische Kojen entstanden, die Flachware und Skulptur gleichermaßen gut beherbergen sollen. Was natürlich Quatsch ist, denn Skulptur ist Raum und Drum-herum-laufen und so weiter. Geht halt nicht mit aus nur einer Richtung gucken. Aber egal, ist ja die Szenographie von einem Modetyp.
Eingeladen sind im Übrigen die alten Recken Wolfgang Joop und Karl Lagerfeld, der Herr Willhelm und das Duo von Kaviar Gauche, aber der Reihe nach.
Lagerfeld, klar, hat Fotos gemacht. Und zwar hinter den Kulissen auf den Fashion-Weeks in London, Paris, Berlin und auch New York. Recht intime Einblicke in den pragmatischen Teil einer Welt, in der, offenbar, eher Hektik als Glamour Regie führen. Schwarzweiß allesamt, und reduziert gerahmt. Schön, aber trotzdem Kunst.
Joop, ja, der Joop, der hat sich’s aber leicht gemacht. Er hat während der Staffel zu Germany’s Next Topmodel viel zeichnerisch entworfen. Und diese Zeichnungen hat er mitgebracht und in die Kojen an die Wand gehängt. Aber, allen, die hier das Maul so aufreißen, denen sei gesagt: machen Sie das erstmal. So zeichnen, so umgehen mit Form, Fläche und menschlichen Proportionen. Und, eine Staffel dieser Sendung mit dieser Frau durchhalten. Respekt Wolfgang, Respekt!
Bernhard Willhelm hingegen hat Perücken gemacht. Gar nichts Wildes, sondern irgendwie süß, nämlich mit Strähnchen. Braun oder brünett, mit blonden; blond mit leicht rötlichen. Dann rote mit hellem Grau. Der Hit sind die schwarzen Haarprächte mit matten Strähnchen. Wow!
Unsere beiden Freunde von Kaviar Gauche bringen uns Entwürfe für Tattoos, die hinten aus dem Hosenbund ragen. Genannt auch Arschgeweihe. Folgt oder gar glaubt man dem ein oder anderen Modeblog, wird so ein Dings der allerletzte Schrei nächste, spätestens übernächste Saison. Mit diesen Entwürfen ist man dann aber so was von vorne. Hui!
Zur Eröffnung werden Currywürste und Bouletten gereicht, während auf Stühlen von Konstantin Grcic gesessen wird. Getrunken wird Berliner Kindl, und gleichzeitig für deren neue Kampagne gecastet. Launige Gespräche werden geführt, viel wird getrunken und noch mehr geraucht. Das Lustige ist, so finden viele, jedoch die Erkenntnis, dass die besser gekleideten Menschen dieser Tage aus der Kunstwelt kommen. Die Modeleute sehen eher abgeranzt aus; das jedoch nur auf den ersten Blick natürlich.
Eine Modenschau gab’s eigentlich nicht, jedoch lief Wowereit ständig umher, auf und ab, um jedem Wichtigen die Hand zu schütteln und etwas zu plaudern. Er hatte, vielleicht als einziger Wichtiger, gar keinen Platz an einem der Tische. Angezogen war er, angeblich, in Brioni. In der Wirklichkeit war’s wohl eher Boss.
Einig ist man sich darin, auf Rezipientenseite halt, dass man es sich eben nicht einfach machen darf. Weder in der Kunst noch in der Mode. Sicherlich auch nicht in der Politik. Und auch nicht im Flurfunk. Vielleicht nämlich hat Klaus Wowereit auch alles ernst gemeint.
Wobei wir alle hoffen, dass vor allem das nicht stimmt. Einmal, weil es doch fast schade wäre, so ein grundehrlicher Politiker. Besonders jedoch wegen der vielen falschen Entscheidungen, ob jetzt für die Kunst oder die Mode. Das kann doch nicht sein Ernst sein. Oder?

Montage: Andreas Koch (© )
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