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2009:Nov // Hans-Jürgen Hafner

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11-2009
















Völlig klar, dass man es sich da irgendwie richten muss. Sonst hältst du das ja kaum aus. Weil, als wenn das nicht genug wäre, reicht’s ja nicht, dass es da die Messe gibt. Da gibt es ja dann auch noch Nebenmessen oder Ausstellungen, wo man nicht weiß, ist das jetzt eine Messe oder ist es das nicht oder will dir da echt irgendwer irgendwas zeigen. Und dann machen alle möglichen Leute noch Eröffnungen. Und zu den Eröffnungen Essen. Und, wenn’s blöd kommt, vor dem Essen noch zusätzlich ein Event. (Und dann habe ich noch nicht einmal das Wort Party in den Mund genommen. Weil, die gibt es auch und die muss es geben.) Aber auch klar, dass man es sich dann irgendwie richten muss. Weil, die ganzen Leute, die du am Dienstagabend siehst, die siehst du ja dann auch am Mittwochvormittag und dann wieder am Mittwochabend im Bus, weil die S-Bahn fährt nicht. Und dann triffst du sie Donnerstagmittag zum Essen auf der Messe und später, wenn nicht beim Essen nach einer Eröffnung, garantiert bei irgendeinem Event. Und das ist dann so ein Empfang und der kann noch Freitagnacht sein. Oder es ist etwas anderes aber, wiederum garantiert, mit Getränken. (Von Party, wo ja immer irgendwo eine ist, ganz zu schweigen.) Und weil man sich das unbedingt richten muss, weil, sonst hältst du das ja im Kopf nicht aus, habe ich mir gedacht, zieh’ ich so eine ganz harte Nummer durch und sage A-Essen, B-Eröffnung, C-Event. Und zu einer A-Eröffnung geh’ ich aber nicht zu einem B-Essen, geschweige denn zu einer C-Party und so weiter. Weil, da schwingen ja immer allerhand professionelle oder total persönliche, richtig echte und komplett projizierte Gründe mit, weshalb man etwas für A-, B- oder C-Klasse hält. Oder womöglich halten will – von D- bis Grottenultimo ganz zu schweigen. Aber da ist es ja fast egal, weil das Leben, nimmst du bloß den ganzen Zinnober von A bis C ernst, viel zu kurz ist. (Sowieso auf einem anderen Blatt steht, ob du für das, was du für A hältst, im Endeffekt auch A kriegst. Das ist bei einem Essen, wo du, sagen wir beispielshalber, neben Klaus Biesenbach sitzt aber ein versalzenes Schnitzel bekommst, immerhin schwerer zu entscheiden als bei der Party, wo außer dir keiner ist, weil, da kannst du’s wenigstens noch auf den Türsteher schieben und, dass der halt dann wenigstens weiß, was er da tut.) Jetzt, sage ich dir, wollte ich mir’s diesmal ganz besonders schlau richten. Aber – der Mensch denkt und Gott lenkt, wie es bei uns daheim heißt. Weil prompt, und da hätte ich von mir aus aber wirklich nicht hinwollen, musste ich, noch bevor überhaupt Art Forum ist, zur ABC-Eröffnung gehen, weil, Schreibauftrag. Und das war letztes Jahr schon nicht besonders und dieses Jahr, kannst du dir denken, Sparmaßnahme, groß geschrieben. Braucht man auch nicht viel reden. Gestern ABC, heute DEF. Klassen­erhalt ausgeschlossen. Sowas reißt dann die Akademie der Künste auch nicht mehr raus, weil, das schaut dann wirklich so aus wie der Tag der offenen Tür, damals an der Schule, inklusive Eiermann-Tisch. Plus, dass die Jörg Heiser Band im Foyer die gymnasiale Unterhaltung macht. (Unter uns, all die elendigen Stunden, die alle möglichen Kunstkritiker im Proberaum verbringen müssen, warum auch immer, die müsste man sich mal aufnotieren.) Diese Geschichte erzähle ich jetzt aber bloß, weil, das muss klar sein, wenn’s schon mit DEF losgeht, der ganze A-Klassenplan offensichtlich unter den allerschlechtesten Vorzeichen steht. Das zu merken, musst du echt kein Genie sein. Deshalb bin ich sofort umgeschwenkt. Nicht gerade Totalaffirmation. Aber die guten Seiten suchen. Weil, auf der ABC hab’ ich als allererstes den Guillaume getroffen, jahrelang nicht mehr gesehen. Gleich darauf den Gunnar und die Petra und die Astrid. Chic. Und die Pumps von der Alexandra waren sowieso sensationell. Und dann ist das irgendwie richtig nett geworden, auch, weil wir, Stefan, Hansjörg und ich, ziemlich zügig den Abflug hingekriegt haben. Zum Türken. Nur den Gunnar hab’ ich nicht mehr gefunden. Und da war dann ganz schnell keine Rede mehr von, welche Party und der eröffnet und dort gibt’s Essen, sondern Loup de Mer, vom Grill. Eins-A, wie man so sagt. Im kleinen Kreis. Und, weil das so schön war, haben wir das, anstelle von Karriere, am nächsten Tag gleich noch mal fast genauso gemacht: Mini-Runde, gutes Essen, beste Gesellschaft. Da war dann endlich auch die echte Messe losgegangen. Aber, du glaubst es nicht, immer noch erst Mittwochabend. So kann das nicht weitergehen.
abc-def Katalog, Ausschnitte vom Cover (© Distanz-Verlag, 2009)
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