Nina Fischer und Maroan El Sani

Berlinische Galerie

2007:Nov // Thomas Wulffen

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11-2007
















Rafael Viñoly wurde 1944 in Montevideo geboren und ist heute als Architekt in Boston in seinem eigenen Büro tätig. Auf seiner Website findet sich auch eine Bildersammlung zu einem Gebäude, das er im Jahre 2005 in einem Büroviertel in Amsterdam realisiert hat. Wir wären nicht auf diesen Namen aufmerksam geworden und wir hätten uns nicht die Bilder zum Gebäude mit dem Namen „Mahler 4 Office“ angeschaut, gäbe es dazu nicht ein konkreten Hintergrund.

Das Wort kann man wortwörtlich nehmen, denn im ersten Take des Films „The Rise“ steht eine Figur am Fenster und sieht jenes Gebäude vor sich, das den erwähnten Namen trägt. Es ist ein mehrgeschossiges Bürohaus, das von einem Treppenaufgang umgeben ist. Dieser reicht vom Erdgeschoss bis zum Dach und ist so in das Bauwerk eingelassen, das es wie eine Art Schnitt in das Behältnis wirkt. Auf dieser Treppe sieht der Betrachter eine männliche Figur nach oben streben. Diese Figur wird dargestellt durch Christoph Bach, einem Schauspieler, dem man die Darstellung abnimmt und dessen Präsenz hier anhält. Schließlich ist der Aufstieg mehr als das. „Rise“ hat zahlreiche unterschiedliche Bedeutungen. Dazu gehören „Erhebung“, „Steigerung“, „Quelle“, aber auch „Lohnerhöhung“ oder „Kursanstieg“. Natürlich sieht man als Betrachter tatsächlich nur den zuweilen unterbrochenen Aufstieg der Person, die immer ein vorläufiges Ende findet, wenn sich Beobachter und Beobachteter als die gleiche Person wahrnehmen. Der eine agiert als Chef, mit ausgreifenden Armen an die Fensterscheibe gelehnt, eingerahmt von zwei amphorenartigen Kunstobjekten auf Sockeln. Der andere im Kampf mit der Zeit, den Elementen und mit sich selbst. Der Weg ist das Ziel, das Ziel ist der Weg. Von daher kennt der Film auch kein richtiges Ende, denn der Anfang ist gleichzeitig auch das Ende. Und so bietet sich eine Präsentation in einer Ausstellung als Loop durchaus an wie in der gelungenen Ausstellung „Neue Heimat“ in der Berlinischen Galerie.

Einerseits aber ist die Gleichung „Chef=Untergegebener“ zu verführerisch, um sie akzeptabel zu machen. Andererseits verweist Jeroen Boomgard auf die Tatsache, dass der Kapitalfluss keine Höhepunkte, aber auch keine Tiefpunkte mehr kennt. Dennoch tue man so als gehe es aufwärts, um dem Arbeiter eine Illusion vorzugaukeln, damit er die Tretmühle am Laufen hält für den ständigen Fluss des Geldes. Er sieht in seiner Besprechung von „The Rise“ für das Stedelijk­ Museum auch die zwei Gebäude als Zwillinge: „As stiff soldiers of capitalism, they lose all their lustre and heroism: only with difficulty can they carry out their commission. They are twins, in their depths of their empty souls.“ Lesen wir da ein weites, langes Echo zum 11. September. Und sehen wir da ein Bild der Architektur, die Funktionalität als leere Form begreift. Der Treppenaufgang ist kein Aufgang, sondern Notausgang für die Benutzer des Bürogebäudes. Am Ende (und am Anfang) steht Architektur. Das sie hier, im Heft, zweimal auftaucht, ist Methode, kein Zufall.

Nina Fischer und Maroan El Sani „The Rise“
zu sehen in der Ausstellung „Neue Heimat“,
Berlinische Galerie,
3.9.2007–7.1.2008  
Nina Fischer und Maroan El Sani „The rise“, Still (© Courtesy Galerie Eigen&Art)
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