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Ökologie-Spezial

2013:Dec // Andreas Koch

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12-2013
















Ökologie-Spezial

Eigentlich bin ich kein Naturfreund. Schon der Gedanke an einen Ausflug ins Berliner Umland löst bei mir etwas Unbehagen aus. Dieses leicht verquollene Gefühl, das jeder kennt, der einmal morgens im taunassen Zelt aufwachte, versuche ich zu vermeiden. Stimmt natürlich nicht ganz, drückt aber vielleicht als Einstieg zu unserem „Ökologie-Spezial“ das Verhältnis Mensch-Natur ganz gut aus. Es ist jedenfalls nicht zwangsläufig ein sonderlich nahes. Das Verhältnis der bildenden Kunst zu unserem natürlichen Umfeld ist nicht unbedingt besser. Einerseits systemisch, denn der Kunstbetrieb als urkapitalistisches Nimmersattgebilde verheizt Ressourcen, je globalisierter und größenwahnsinniger desto mehr. Das reicht von Matthias Arndts 500.000-Flugmeilen-pro-Jahr-Statement in einem kürzlich erschienenen Interview bis hin zu Urs Fischers Riesenbronzeabgüssen von Knetabdrücken in China, die dann wieder um die halbe Welt zurückgekarrt werden müssen. Andererseits thematisch: bis auf die teils hier im Heft aufgelisteten Ausnahmen beschäftigen sich recht wenige Künstler mit den verheerenden Auswirkungen der Klimakatastrophe und unserer nahen Zukunft. Unser Gastredakteur Raimar Stange wird ob seiner jahrelangen Beschäftigung mit dem Themenkomplex Ökologie und Kunst immer wieder auch belächelt: Ach der schon wieder mit seinem Klimascheiß.
Dabei sollte es gerade jetzt, wo wir das Phänomen der Überheizung unserer Atmosphäre in unseren medial verstopften Köpfen immer noch nicht wirklich ernst nehmen – jedenfalls nicht ernster als die Griechenlandkrise oder den Syrienkrieg, was heißt als etwas, das uns persönlich schon nicht betreffen wird  – eine Aufgabe der bildenden Kunst sein, langsamer, eindringlicher und anhaltender auf die Klimakatastrophe aufmerksam zu machen und mitzuhelfen, einen wirklichen Bewusstseinswandel zu erwirken.
Sich häufende, extreme Unwetter erreichen mittlerweile auch uns und nicht nur die anderen. Tornados, Riesenhagelkörner, Fluten, die eben keine Jahrhundertfluten sind, müssten doch eigentlich weit mehr Leute aufschrecken. Das Wort „Klimawandel“ fiel beim TV-Duell Merkel-Steinbrück aber nicht ein einziges Mal. Wir ach so ökologischen Vorzeigedeutschen frönen nach wie vor einem ungebremsten Konsumismus, fliegen mal kurz nach Mallorca und zurück, kaufen immer größere Autos, kaufen eh immer mehr und tragen so mit bei, die Welt unserer Nachfahren zu verheizen. Das muss nicht unbedingt schlimm sein. Der Mensch als ökologische Schwerstverschmutzung schafft sich selbst ab und alles andere regeneriert sich dann hoffentlich irgendwie in den nächsten Jahrhunderten und -tausenden. Aber nicht nur ich habe Kinder. Und ein bisschen schade wäre es doch um unsere Gattung.
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