Dash Snow

Contemporary Fine Arts

2007:Jul // Peter K. Koch

Startseite > Archiv > 07-2007 > Dash Snow

07-2007
















Save-the-date-Wochenende bei Contemporary Fine Arts. Gut, der Name klingt ziemlich super. Dash Snow. Und die Familiengeschichte dazu. Flüster, flüster: Der Mann ist der Stiefbruder oder der Onkel von, ja wirklich, Mist, jetzt habe ich es vergessen. Ach nee, so ist es: Seine Mutter ist die Halbschwester von Uma Thurman. Echt. Und der Mann selbst soll abgehen wie'ne Rakete. Und ist erst 19 oder 20?

Die Dinge waren ja schwer auseinander zu halten an diesem heißen Aprilabend. Ein Haufen ultrahippe Events in der Stadt. Ich bin dann, so einfach ist es, dem lautesten Flüstern gefolgt und habe mich auf den Weg zu cfa gemacht. Im Hof war mächtig was los. Drinnen angekommen, habe ich mich dann zuerst gefragt: Was hat das denn gekostet? Ich meine, man muss das mal eben durchrechnen. Grob geschätzt hingen da in der Ausstellung 250 Arbeiten. Alle sauber gerahmt. Je Rahmen zahlt man, ja, ich würde sagen, auch bei guten Kontakten kostet der Rahmen 50 Euro. Das sind ja dann schon Zwölftausend. Da muss der aber auch abgehen wie eine Rakete. Sonst gibt's schlechte Laune.

Ein Grundproblem, dass sich bei solch raketenhaft abgehenden sehr jungen Künstlern dann ergibt: Jeder spricht eigentlich nur noch davon, wie rakentenhaft jemand abgeht. Es folgen Zahlen und Fakten. Die Gespräche erinnern dann mehr an Wettrüsten. Selten ist davon die Rede, was die junge Rakete überhaupt macht. Aber ich möchte jetzt nicht den Ökonomisierungswahn, der die gesamte zeitgenössische Kunst ja ziemlich fest im Griff hat, kritisieren. Oder doch?

Was man sehen konnte: Dash Snow ist in seiner künstlerischen Arbeit beeindruckend fleißig, fast manisch produktiv. Und erinnert hier natürlich an den anderen manischen cfa-Künstler: Meese. Es herrscht Überfluss in allen Bereichen. Für einen jungen Menschen hat er darüber hinaus eine überwältigende Sicherheit im Einsatz seiner Mittel. Man sieht ein todsicheres Repertoire. Das ist kein Zaudern und kein Wackeln zu spüren. Man fragt sich, wann der wohl damit angefangen hat und ob es da ein Vorher gegeben hat. Hat der eigentlich mal was anderes gemacht außer diese Collagen? Snows Arbeiten sind wahnsinnig amerikanisch und das fällt besonders dadurch auf, da er sich stilistisch hemmungslos im Fundus der europäischen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts, und hier besonders bei den surrealen Text/Bildcollagen des Dadaismus, bedient. Snow schlachtet mit Vorliebe gedruckte Informationsmedien aus. Tageszeitungen. Und aus den Tageszeitungen extrahiert er am allerliebsten die großen, plakativen Überschriften, die er neu arrangiert, teils subversiv, teils absurd. Besonders bei den rein typografischen Arbeiten hält er sich dabei an ein strenges Gestaltungsmuster. Er baut Texttürme. Amerikanisch deshalb, da er die Blätter, auf die er diese Arbeiten setzt, vorbehandelt. Oft sind es Graupappen, die künstlich gealtert wirken, angekokelt, teils mit Feuchtigkeit behandelt. Insgesamt ist das Trägermaterial eher bräunlich und wirkt artifiziell. In der Kombination mit dem schnell alternden Papier der Zeitungsausschnitte sieht das dann aus wie lupenreiner Westerndadaismus. Diese Mischung ist allerdings nicht uninteressant. Die Menge der ausgestellten Arbeiten hingegen ist erschlagend. Eine Konzentration auf die einzelne Arbeit ist kaum möglich, hätte der Sache aber sicher gut getan. Aber gerade auch deshalb sehr amerikanisch, denn: people like it einfach big! Okay, die Saddam Hussein-Serie war so platt wie'n Reifen an 'nem heißen Samstagnachmittag. Ist nicht so schlimm, da dreht man halt um. Es hätte schlimmer kommen können. Und, wie gesagt, der Mann ist erst 25. Insgesamt hat man allerdings schon ein bisschen das Gefühl, es hier mit einer rückwärts gewandten ästhetischen Haltung zu tun zu haben. Das fällt besonders dann schmerzlich auf, wenn man kurz vorher Wawrzyniec Tokarskis aktuelle Ausstellung bei Jan Wentrup gesehen hat, der ja ebenfalls im Department Zerhackstückelung von Informationsmedien operiert. Das geht eher nach vorne.

Der Rest des Abends sah jedenfalls so aus: Es war schon spät und der Weißburgunder für zweifünfzig aus, die Lichter der Galerie waren es ebenfalls, da öffnete sich noch einmal kurz das Fenster zum Hof. Der Galerist, der Künstler und noch ein, zwei andere Menschen, die grüßten plötzlich mit royaler Geste das Volk, in einer Art, wie ich sie bisher nur vom britischen Königshaus oder gerade noch vom Heiligen Vater kannte. Dann war's aus.

Dash Snow "The End of Living... The beginning of Survival"
Contemporary Fine Arts
Sophienstraße 21
28.4.-23.6.2007
Dash Snow, „Dreams Die Hard“, 2006, paper collage (© the artist)
Microtime für Seitenaufbau: 1.29957294464