Robert Kuśmirowski

Galerie Magazin

2008:Feb // Stefanie Peter

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02-2008
















Ist Robert Kuśmirowski ein Kseroboj, so nennt man in Polen Leute, die zu keiner originellen Eigenleistung in der Lage sind und sich wie ein Xerokopierer auf die Verdoppelung von bereits Bestehendem verlegt haben? Wenn er pleite war, aber trotzdem mal mit dem Zug fahren musste, hat sich der 1973 geborene Künstler, einfach ein Ticket gefälscht. Seine auf diesem Feld einschlägige Fingerfertigkeit hat auch manchem Familienmitglied bei Amtsgängen oder anderen Gelegenheiten geholfen. Hat mal jemand eine Briefmarke?

Aber kann man auch eine Biographie fälschen? Diese Frage erörtert Kuśmirowski heute als Künstler. Seine neueste Arbeit trägt den Titel „datamatic 880“ und will das Rad der Zeit um genau fünf Jahre zurückdrehen. Zurück ins Jahr 2002, als eine Einzelausstellung im ostpolnischen Lublin (dort hatte Kuśmirowski auch studiert) den bis dato unbekannten Künstler mit einem Schlag berühmt machte. Zeitreise ist das Thema seiner Installation, die in der Galerie „Magazin“ vorgestellt wird: Fünf Jahre zurück, eben bis zum Karrierestart, soll es gehen und zwar mit Hilfe des Großrechners datamatic 880. Eine Kopie? Nicht ganz. Das Original, der amerikanische datamatic 1000 war 1959 gebaut worden, also zu einer Zeit, in der Rechner barocken Schlössern und begehbaren Labyrinthgärten ähnlicher waren als jenen Nanotechnologien von heute, die sich jeglichem sinnlichen Zugang verweigern.

Die Fassade des raumfüllenden Computers hat Kuśmirowski, wie in früheren Arbeiten auch, aus flüchtigen Materialien zusammengebastelt: Gips, Klebstoffe, Styropor, Harze, Papier, Pappe. Dazu Fotos und Videos, auf denen zu sehen ist, wie der Körper des Künstlers für die Strapazen der bevorstehenden Reise durch die Zeit präpariert wird. Wird die Sache gelingen? Wird Kuśmirowskis Karriere noch einmal den selben Lauf nehmen, werden Galeristen und Sammler noch einmal so reagieren wie damals – im entscheidenden Jahr 2002? Wie wird sich die Fiktion des Science-Fiction-Plots zum Original der gelebten Biographie verhalten? Solche Fragen hat Kuśmirowski mit anderen Mitteln schon des öfteren gestellt. Mit seinem nachgebildeten Eisenbahnwaggon auf der 4. Berlin Biennale oder mit der Radtour, die er von Leipzig über Paris nach Luxemburg unternahm und zwar im Outfit von 1929, so dass es zu einer Frage des Blickwinkels wurde, ob er selbst ein Fake oder die durchradelten Landschaften und Städte nur eine unwirkliche Kulisse waren.

Die Galerie „Magazin“ ist einer von neun Ausstellungsorten in dem im letzten Herbst eröffneten Haus von Claas Nordenhake in der Lindenstraße. Betrieben wird sie von Monika Branicka, einer jungen Kunsthistorikerin und Kunstkritikerin aus Krakau. Die Wahlberlinerin sprüht nur so vor Optimismus und bringt jede Menge Ideen für ihre Neugründung mit: „Man nennt uns nur ‚die polnische Galerie‘“ denn sie zeige überwiegend polnische Kunst; bekannte Positionen wie den Videokünstler Józef Robakowski oder nun Robert Kuśmirowski, und in Zukunft Entdeckungen wie Zorka Wolny oder Hubert Czerepok – Polens Kunstszene, sagt Branicka, ist voller junger Talente und die polnische Kunst endlich in der Welt angekommen – auch, weil Sasnal, Althamer oder Żmijewski nun schon dauerhaft auf dem Markt erfolgreich sind. Und während wohl kein ernstzunehmender polnischer Künstler nur durch die nationale Brille gesehen werden will, ist wohl auch Branickas ausgesprochene Konzentration weniger eine programmatische Idee als vielmehr eine Strategie sich auf dem unübersichtlichen Markt zu positionieren. Branicka will die polnische Szene in der Stadt stärken, die Galerieräume auch als Veranstaltungsort nutzen und eine Stiftung gründen. Schön wäre, wenn ihre Aktivitäten auch in Warschau ein Echo fänden und damit ein wenig mehr Bewegung in den polnischen Kunstbetrieb käme und zwar auch abseits der beiden Quasi-Monopolisten Foksal Gallery Foundation und Raster. Branickas Galerie auf der einen und Adam Szymczyk als bb5-Kurator auf der anderen Seite: wird 2008 das Jahr der polnischen Kunst in Berlin?

Robert Kuśmirowski
„DATAmatic 880“
Galerie Magazin
Lindenstraße 35
4.11.2007–19.1.2008

Robert Kuśmirowski, „DATAmatic 880“ Ausstellungsansicht (© Courtesy Galerie Magazin, Berlin)
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