Tue Greenfort

Johann König

2008:Feb // Raimar Stange

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02-2008
















Dass Referenzkunst mehr sein kann als smart-intelligente Cleverlekunst für better-educated-people, dies zeigte jüngst die Ausstellung von Tue Greenfort in der Galerie König. In der Präsentation, die zuvor schon in der Wiener Sezession zu sehen war, bezog sich der junge dänische Künstler nämlich einmal mehr auf Künstler früherer Generationen, namentlich auf Dieter Roth und Hans Haacke. Betrachten wir hier also zunächst die Referenz auf letzteren Künstler einmal näher.

Schon im Titel der Bodenarbeit „Plant Oil Circulation – After Hans Haacke 1969“ (2007) macht Tue Greenfort sein Referenzsystem transparent: Die Arbeit „Circulation“ (1969) von Hans Haacke wird vernetzt mit dem Projekt „Kostenfreie öffentliche Buslinie“ (2005) von Tue Greenfort. Praktisch sieht das so aus: Die Arbeit Hans Haackes, die aus einem variablen Netzwerk aus durchsichtigem Kunststoffschläuchen besteht, durch das Wasser gepumpt wird, hat Greenfort so modifiziert, dass nun Pflanzenöl durch die auf dem Galerieboden liegenden Leitungen läuft. Das Pflanzenöl und der Treibstofftank, aus dem es gepumpt wird, entstammen eben dem Bus, der während der Ausstellung „A Whiter Shade of Pale“ (2005) Fahrgäste kostenlos und überaus umweltfreundlich zwischen zwei norddeutschen Kleinstädten chauffierte. Geht es Haacke noch darum eine konkrete minimalistische Metapher für die Gesellschaft als, frei nach Niklas Luhmann, „geschlossenes System“ zu finden, so denkt Tue Greenfort diesen Gedanken mit – und weiter, nämlich genau deswegen, weil er in diesem geschlossenen System die Möglichkeit von einer ökologischen Alternative aufzeigt. Das spannende bei diesem Projekt ist also, dass es in doppelter Weise funktioniert, nämlich einerseits als konkreter Problemlöser vor Ort, andererseits und vor allem aber auch als „real-existierendes Modell“ (Charles Esche), das statt grundsätzlich die politische Situation revolutionieren zu wollen, in deren systemimmanenter Gegenwart versucht neue Realitäten zu installieren. Genau dies macht Greenforts Referenzkunst nicht nur ästhetisch wertvoll, sondern angesichts des Klimawandels auch im wahrsten Sinne des Wortes not/wendig.

Schon zuvor hatte sich der Künstler übrigens auf Hans Haacke bezogen, und zwar ist seiner Skulptur „Bon Aqua Kondensationswürfel“ (2005). Bereits auf den ersten Blick erinnert diese Arbeit an einen „Kondensationswürfel“ (1963–65) von Hans Haacke, doch Greenfort nimmt hier eine minimale, aber weit reichende Verschiebung vor: Statt mit kondensierendem Wasser ist seine quadratische Skulptur mit handelsüblichem Tafelwasser der Marke „BonAqua“ aus dem Hause des Global Player Coca Cola gefüllt. Die Unterschiede von, wie Karl Marx es bereits thematisiert hat, „erster“ und „zweiter Natur“, sowie von Echtheit und Künstlichkeit stehen hier zur Disposition.

Gleichsam der umgekehrte Weg ereignet sich bei Greenforts Skulptur „Bio-Wurstwolke – After Dieter Roth 1969“ (2007), die ebenfalls in der jüngsten Ausstellung zu sehen war. Dieter Roth hatte in seiner Arbeit „Wurstwolke“ (1969) mit Hilfe von zwischen Acrylscheiben gepresster Wurstscheiben deren Verwesungsprozess als ästhetisches Moment vorgeführt. Greenfort vollzieht diesen Prozess nach, jetzt allerdings mit Bio-Wurst. Diesmal also tritt eine ökologische bewußtere Variante auf den künstlerischen Masterplan. Gut so!

Tue Greenfort
Galerie Johann König
Dessauer Straße 6–7
30.11.2007–12.01.2008

Tue Greenfort, „Danzig, Havarna, Siauliai“ 2007 (© Courtesy Galerie Johann König, Berlin)
„Plant Oil Circulation – After Hans Haacke 1969 –“, 2007 (© Galerie Johann König, Berlin)
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