Nachsitzen und lesen

Christoph Bannat liest von hundert Nr. 38

2024:Mai // Christoph Bannat

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05-2024

Kommentare, Döntjes und Gedankensplitter


S. 2 „Abend im Abendland“: Abend, bevor es ganz Dunkel wird? In Morgenröthe wünscht Nietzsche sich ein neues Europa (Abendland), gegen jede Deutschtümelei. Nun, Abend ist ja noch keine Nacht.
S. 3–4 Bannat: Schlauer als die Polizei erlaubt (möchte mich selbst gern verhaften – HiHaHu = Hilfe Hamburger Humor).
S. 4–5 mystic.ai: Anekdotische Evidenz trifft auf ­menschliche Kreativität. Oder Johannes 1.14 „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit.“ Vgl. Gammelfleischskandal, 2005 .
S. 6–9 Art week: Im Osten geht die Sonne auf (s. S. 2). Lese­empfehlung: Anne Rabe („Die Möglichkeit von Glück“) über doppeltes Schweigen. Ulrike Draesner („Die Verwandelten“) über Schweigen als Verbrechen. Angelika Küssendorf (ihr allg. Leitthema), Überleben unter einer Willkürherrschaft (Familie). Und nicht vergessen: Baselitz, Polke, Richter sind auch ost-sozialisiert.
S. 10–11 „Das größte (zusammenhängende Keramik-)Kunstwerk Deutschlands“: In den 90ern strengten sich alle in der Provinz an, um möglichst schnell nach Berlin zu kommen. Das verlieh ihr Bedeutung.
S. 12–16 So viel Fantasie muss ein solches Heft aushalten: Ivo Wessel hortet nicht nur, sondern stellt seinen Besitz auch zur Verfügung.
S. 17 Bannat: Behauptungshuber.
S. 18–19 Martin Wong: Schwuler Kitsch vom Feinsten, bevor es schwuler Kitsch wurde. Wong fing in einer freien Theatergruppe an. Wer recherchiert zu diesen Gruppen als Ursprungszelle?
S. 19 Bannat: Was ist ein heiß bedrohlicher Traum? Oder sollte es ein bedrohlich heißer sein?
S. 20 „Literatur ist größer als das einzelne Wort“: Mein Lieblingskalenderspruch für dieses Jahr. Gefolgt von „Dabei sind ihre Eingriffe viel phantomhafter als die Literatur“.
S. 21–22 von-hundert-Spezial: Ein Haus, gebaut aus Türen.Wenn es Nacht wird, hilft auch keine Brille mehr (siehe S. 2). Singen und beten im Dunkeln. Im Vertrauen auf den Tastsinn fassen wir uns an den Händen. Und einer fasst einem in dem Schritt.
S. 23 R.S. schreibt demnächst anonym im Ein-Mann-Kollektiv.
S. 24–26 Müllkult-Kultmüll-Kultur: Die Menschheit als Geschwür betrachtet, die ihren Wirt (die Erde) auffrisst. Aber wie passt das mit den Grundprinzipien des Lebens, Anpassen und Teilen, zusammen? Und zählt Mit-teilen eigentlich auch zu diesen? Wenn ja, besteht Hoffnung.
S. 26–30 „Hiermit trete ich aus der Kunst aus“, Joseph Beuys. Doch: In Anbetracht, dass moderne Kunst nicht aussehen darf wie Kunst, wird es immer schwieriger, auszutreten. Heute ist der Künstler der Phänotyp des Selbstständigen. Der Selbst, und das ständig, sein muss. Oder, er lässt sich anstellen, dann kann er sich aussuchen, wann er Selbst sein möchte.
S. 30–32 Anekdoten aus dem alten Berlin (West)
S. 33 Hier wäre mehr wirklich mehr.
S. 34–35 Versteh ich nicht, bin wohl doch nicht so schlau (HiHaHu). Destillationskolbensymbol; sollte hier etwas erhitzt werden?
S. 36–37 Heißt Kritik nicht, sich nicht dermaßen (von solchen Bildern, Tönen, Worten) beherrschen lassen zu wollen? (nach Foucault). Wovon also wollen wir uns beherrschen lassen?
S. 38–39 TzK. Ewig nicht gelesen. Scheint aber immer noch Referenzgröße für akademische Bewerbungsmappen zu sein. Vielleicht auch etwas für Ellenbogenritter und Meinungsprofis.
S. 39–40 Was für schöne Namen. Es heißt, dass der Mensch mit weniger Artenvielfalt leben kann, es ihn aber einsamer macht. Und das seit über 2000 Jahren, vgl. Genesis 2.18/19
S. 41–42 Den öffentlichen Verkehrsfluss stoppen, um den Redefluss zu aktivieren. Den Wegen des (anti)sozialen Verkehrs einen Knick zufügen.
S. 42–43 Fick Dich selbst.
S. 44–45 Könnte schlau sein, würde ich es nur verstehen. Gut so.
S. 46 Ironisch, befreiend.
S. 47–50 Layoutet sich in unsere Herzen. Sagt aber nicht, aus welcher Richtung der Wind weht.
S. 51–52 TzK. Lange nicht gelesen. Zur Diskokugel(-Graphik): Sind diese nicht aus Styropor, hohl und werden von einem Außenmotor betrieben? Lesefehler: Diskurskugel.
S. 53–56 Verstehe ich nicht – noch nicht? Wo sonst erscheinen solche Texte!
S. 57–61 Langes Leben – langer Text.
S. 62–64 Heftklammer: Individuum vs. Kollektiv
S. 65–66 Bitte, noch langsamer lesen. Gerade so, dass Du nicht bei einschläfst. Lieblingssatz: „Alle, die zu ungeduldig sind, langsam und im Dialog mit dem einfallenden Licht zu lesen, müssen reden.“ Die Lichtmetapher passt zum Abendland.
S. 67–70 Phantastischer Historismus S. 10 und S. 67. Heft-Klammer. Herkunft. Karlsruhe und Wolin. Soziotope. Herkunft, Blut (Tattoo) und Boden.

Fazit.
Kein Abend. Kein Untergang. Kein Boden. Unter den Füßen.
Blut. Kein Land. In Sicht. Aber ein Heft in der Hand.
Noch nachzubestellen unter www.permanentverlag.de.
Cover von hundert #38