Andreas Hofer

Walther König

2009:Jun // Hans-Jürgen Hafner

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06-2009
















Grundsätzlich, da bin ich total bei Dir, könnte man so ein Projekt, wie das von Andreas Hofer, leicht in den falschen Hals kriegen. Dass das einfach immer dieselbe Soße sein muss. Mit dem ganzen Geschichtsding, den Comics, dem Trash. Referenz-Cinemaxx vom Mann mit Hut. Der Expressionismus, die Nazikokettiererei, das Bösebubenzeugs. Immer nur rein in die Brühe. Und dann steht der Guido da und sagt „große Kunst“ und „kapierste nur noch nicht.“ Und tatsächlich gibt es Leute, die glauben das – und längst nicht nur, weil die Sachen nach dem ganzen Programm an Hofer-Treatment, Kritzelei, wohin Du schaust, Mashup von referenziellen, medialen, räumlichen Elementen bis über die kindergartenmäßig-zerfasernde und zugleich martialisch-homogenisierende Hofer-Textur ziemlich catchy aussehen, solcherart im Schiefen charmant sind.

Freilich könnte man das alles total lächerlich finden und, zum Beispiel, in Bausch und Bogen als kalkuliert regressiv ablehnen (wogegen Helmut Draxler allerdings mit „Eine Kunst des Zwiespältigen“, erschienen in Hofers „Welt ohne Ende“-Katalog, einen echten Spitzentext geschrieben hat). Oder wenigstens den Spaßfaktor daran entdecken, aus dem Hofer-Breitwandpasticcio, die besseren gegenüber den schlechteren Referenzen herauszuklauben, sozusagen als Zeitvertreib, wie man seinerzeit im Winter Zähne für die Holzrechen geschnitzt hat.

Jetzt bin ich aber vor kurzem auf einen anderen Gedanken verfallen. Anlass war, wie ich am hiesigen Walther König Flagshipstore vorbei marschiert bin. Wie ich plötzlich habe runterbremsen müssen und wie ich, kurz und gut, stehen geblieben bin, um mir die Auslage anzuschauen. Und zwar nicht wegen der Bücher, sondern wegen der, in vereinheitlichendes Grau über alle drei Fenster gepackten, Deko.

Jetzt war die Irritation eher mittelgroß. Weil, auf einem halben Ohr hatte ich das schon mitgekriegt, dass der Hofer zurzeit den König dekoriert. Und deswegen war auch die Frage weniger: Was ist das denn? Sondern gleich: Was macht der da? Und weil dann Gotham plus Duchamp im kopiergrauen Hofer-Treatment alles andere als, sagen wir, ‚undick‘ aufgetragen ist, war die letzte Frage: Warum das Ganze zwar gewohnt schief, darin aber so absolut null-cool aussieht und stattdessen derart gründlich, ja g’schaftig (wie das bei uns im Baierischen heißt) rüberkommt. Fast so, wie zum Beispiel meine Oma unterwegs war, wenn es seinerzeit ums rechtzeitige Aussetzen von Salat ging.

Von wegen Kunstgeschichte und Comicbuch, Duchamp und Batman, Finderlohn fürs Referenzenaufspüren. Auch nicht Xerox-Degree und Momos graue Männer. Wem ich da durch den zusammenkopierten Zeichenstrudel hindurch in den Rachen blickte, das war der schiere Fleiß.

Und eigentlich gefällt mir sowas ja. Wenn einer immer alles will. Egal, ob der jetzt eine Ausstellung macht oder ein Buch oder, meinetwegen, Schaufenster dekoriert: dass er da immer Alles gibt. Auch wenn es nicht immer auf den ersten Blick so ausschaut, im Prinzip kannst Du die Uhr danach stellen, dass Andreas Hofer, was er macht, es gut und gern, hundertundfünfzehnprozentig macht. Immer volles Rohr, völlig egal ob er nun auf ein Spatzennest oder die Metro Pictures Galerie zielt. Das gefällt mir, weil es komplett anders ist, wie dieses attitüdenhafte ‚Sich-mit-nix-an-den-Mann-Bringen‘, das sich gern einschleift, wenn man schon tief genug im Betrieb drin zu stecken glaubt – weswegen fünf, wie man so sagt, schon mal als gerade durchgehen dürfen. (So kommen zurzeit eh zu Viele durch.) Dem ist bei Hofer nicht so. Und das, wie gesagt, gefällt mir. Denn trotz Hut, trotz Treatment, trotz Trademark: hier regiert reine Produktions­idiosynkrasie, dass man sich nämlich in alles hinein-, überall drüber, durch alles hindurchschreiben, -kritzeln, -kopieren muss. Und Schicksale sind ja (siehe Gregor Schneider und Co.) in sentimentaleren Zeiten immer irgendwie groß angeschrieben.

Andreas Hofer „Gotham Book“,
Buchhandlung Walther König,
Burgstraße 27,
10178 Berlin,
Mai 2009
>von hundert 11/2007 „Wer tötet den Tod?“
Andreas Hofer „Gotham Books“, Buchhandlung Walther König, Berlin 2009 (© Fotos: Hans-Jürgen Hafner)
Buchhandlung Walther König (© Fotos: Hans-Jürgen Hafner)
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