Dass Referenzkunst mehr sein kann als smart-intelligente Cleverlekunst für
better-educated-people, dies zeigte jüngst die Ausstellung von Tue Greenfort in
der Galerie König. In der Präsentation, die zuvor schon in der Wiener Sezession
zu sehen war, bezog sich der junge dänische Künstler nämlich einmal mehr auf
Künstler früherer Generationen, namentlich auf Dieter Roth und Hans Haacke.
Betrachten wir hier also zunächst die Referenz auf letzteren Künstler einmal
näher.
Schon im Titel der Bodenarbeit „Plant Oil Circulation –
After Hans Haacke 1969“ (2007) macht Tue Greenfort sein Referenzsystem
transparent: Die Arbeit „Circulation“ (1969) von Hans Haacke wird vernetzt mit
dem Projekt „Kostenfreie öffentliche Buslinie“ (2005) von Tue Greenfort.
Praktisch sieht das so aus: Die Arbeit Hans Haackes, die aus einem variablen
Netzwerk aus durchsichtigem Kunststoffschläuchen besteht, durch das Wasser
gepumpt wird, hat Greenfort so modifiziert, dass nun Pflanzenöl durch die auf
dem Galerieboden liegenden Leitungen läuft. Das Pflanzenöl und der
Treibstofftank, aus dem es gepumpt wird, entstammen eben dem Bus, der während
der Ausstellung „A Whiter Shade of Pale“ (2005) Fahrgäste kostenlos und überaus
umweltfreundlich zwischen zwei norddeutschen Kleinstädten chauffierte. Geht es
Haacke noch darum eine konkrete minimalistische Metapher für die Gesellschaft
als, frei nach Niklas Luhmann, „geschlossenes System“ zu finden, so denkt Tue
Greenfort diesen Gedanken mit – und weiter, nämlich genau deswegen, weil er in
diesem geschlossenen System die Möglichkeit von einer ökologischen Alternative
aufzeigt. Das spannende bei diesem Projekt ist also, dass es in doppelter Weise
funktioniert, nämlich einerseits als konkreter Problemlöser vor Ort,
andererseits und vor allem aber auch als „real-existierendes Modell“ (Charles
Esche), das statt grundsätzlich die politische Situation revolutionieren zu
wollen, in deren systemimmanenter Gegenwart versucht neue Realitäten zu
installieren. Genau dies macht Greenforts Referenzkunst nicht nur ästhetisch
wertvoll, sondern angesichts des Klimawandels auch im wahrsten Sinne des Wortes
not/wendig.
Schon zuvor hatte sich der Künstler übrigens auf Hans
Haacke bezogen, und zwar ist seiner Skulptur „Bon Aqua Kondensationswürfel“
(2005). Bereits auf den ersten Blick erinnert diese Arbeit an einen
„Kondensationswürfel“ (1963–65) von Hans Haacke, doch Greenfort nimmt hier eine
minimale, aber weit reichende Verschiebung vor: Statt mit kondensierendem
Wasser ist seine quadratische Skulptur mit handelsüblichem Tafelwasser der
Marke „BonAqua“ aus dem Hause des Global Player Coca Cola gefüllt. Die
Unterschiede von, wie Karl Marx es bereits thematisiert hat, „erster“ und
„zweiter Natur“, sowie von Echtheit und Künstlichkeit stehen hier zur
Disposition.
Gleichsam der umgekehrte Weg ereignet sich bei Greenforts
Skulptur „Bio-Wurstwolke – After Dieter Roth 1969“ (2007), die ebenfalls in der
jüngsten Ausstellung zu sehen war. Dieter Roth hatte in seiner Arbeit „Wurstwolke“
(1969) mit Hilfe von zwischen Acrylscheiben gepresster Wurstscheiben deren
Verwesungsprozess als ästhetisches Moment vorgeführt. Greenfort vollzieht diesen
Prozess nach, jetzt allerdings mit Bio-Wurst. Diesmal also tritt eine
ökologische bewußtere Variante auf den künstlerischen Masterplan. Gut so!
Tue Greenfort
Galerie Johann König
Dessauer Straße 6–7
30.11.2007–12.01.2008