Ding-Spezial

Einführung 2

2022:Mai // Barbara Buchmaier

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05-2022

Ding-Spezial

Einerseits die Corona-Pandemie und andererseits die Idee und Entwicklung des „Metaverse“ – beide Phänomene, das eine vor allem IRL, das andere weitgehend virtuell, waren und sind ein guter Anlass, das Thema „Dinge“ und unseren Bezug dazu, verbunden mit vielen Beobachtungen und Fragen, weiter und aktualisiert zu reflektieren.
So stell(t)en immer mehr Leute gerade während der Lockdowns – nach einer Inspektion der eigenen Bestände – ausgemusterte Bücher und Kleidung auf die Straße und such(t)en Erlösung aus dem Hamsterrad des Kapitalismus in alternativen Lebensformen auf dem Land. Gleichzeitig gewinnt der Handel mit Secondhand- und Vintage-Produkten weiter stark an Popularität und Wert – offline und online. Immer mehr Konzerne, Kaufhäuser und Handelsketten integrieren unabhängige Vintageanbieter in ihre Shop-in-Shop- und/oder Produktpalette – sogar die Galeries Lafayette Haussman in Paris: Im „l‘espace (Re)Store“ kann man unter dem Motto „Renouvelez. Revendez. Recyclez“ aus dem Angebot von 7 Vintage-Anbietern wählen. Zuletzt hat auch A.P.C. in Paris sein Konzept der „boutique vintage“ vorgestellt und einen Vintage Store (A.P.C. VINTAGE) im Marais eröffnet.
Parallel dazu werden – auch von Textilkonzernen – immer komplexere digitale Welten erschaffen: Videospiele, virtuelle Erlebniswelten, NFTs. Auch dort entstehen Schauplätze für Mode und Mode-Storytelling. Und auch dort wollen die Protagonist*innen bzw. ihre Avatare passend gekleidet und ausgestattet sein. So laden etwa Balenciaga, Gucci, Marni und Nike in eigene digitale Miniatur-Universen ein, mit entsprechender Konfektion.
Eine großartige, bis heute aktuelle Referenz für alles Nachdenken über „Dinge“ liefert Georges Perec (1936–1982) mit seinem Debüt-Roman Die Dinge. Eine Geschichte der sechziger Jahre (franz. Original Les Choses. Une histoire des années soixante, Paris 1965). Dieser Roman war neben dem ebenso sehr zum Thema „Dinge“ empfehlenswerten Sachbuch Bereicherung – eine Kritik der Ware (franz. Original Enrichissement. Une critique de la marchandise, Paris 2017) der französischen Soziologen Arnaud Esquerre und Luc Boltanksi eine von mehreren Inspirationen für die Ausstellung Die Dinge und wir – 2021/2022 mit Texten von Studierenden der Weißensee Kunsthochschule Berlin, die im Folgenden von Julius Voigt besprochen wird. Das Buch Die Dinge von Perec wird von Marc Wellmann ebenfalls bei uns rezensiert.
Illustration: von hundert