Franz Ackermann

Neugerriemschneider

2007:Jul // Thomas Wulffen

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07-2007
















Für die große Geste braucht es Glück oder Talent. Für die Ausstellung von Franz Ackermann in der Galerie Neugerriemschneider hat es weder für das eine noch für das andere gereicht. Die Gründe dafür liegen nicht auf der Hand, aber sie lassen sich finden. Die große Geste allerdings war dagegen sichtbar, an den Wänden all überall, groß und klein. Dafür aber hat Franz Ackermann eine große Reise unternommen, die auch zum Titel der Ausstellung führte: From Eden to Lima. Auf den Spuren der Konquistadoren reiste der Künstler von Salamanca - wo er laut Pressemitteilung der Galerie Mitte Februar eine große Einzelausstellung im Museum da2 Domus Artium eröffnete - über Lissabon nach Rio de Janeiro. Dann ging es weiter ins Landesinnere, über die Anden nach Paraguay bis zum Machu Picchu. Da wollten wir auch mal hin, aber jetzt nicht mehr, denn das ist laut Pressemitteilung "von Touristenströmen aufgesucht". Auf der Reise entstanden wieder jene Zeichnungen, für die Ackermann berühmt geworden ist und die den schönen missverständlichen Titel ‚Mental Maps' tragen. Jeder erfolgreiche Künstler hat sein eigenes Markenzeichen und im Falle von Ackermann sind das die ‚Mental Maps'.

Selbst im Wikipedia-Eintrag zu Ackermann findet der neugierige Leser dazu eine Erklärung: "Mental Maps bezeichnet kleinformatige Aquarell- oder Gouache-Skizzen, die überall auf der Welt entstehen: im Bus, im Hotelzimmer, auf der Parkbank oder im Atelier. Die ersten Mental Maps entstanden auf einem chinesischen Block 13x17cm in Hongkong. Auf diese Größe greift Ackermann auch heute noch gerne zurück, wobei nicht alle Mental Maps genau dieses Format messen. Die Papiere zeigen annähernd realistische Architekturansichten, biomorphe Ornamentik, kartografische Momente (z.B. angedeuteten Straßenzügen) vermischt mit abstrakten, grellen und gebrochenen Farbflächen und geometrischen Konstruktionen. Subjektive Empfindung und Erfahrung schreiben sich spontan ein und unterlaufen so den ursprünglich objektiven Anspruch einer Karte." Und welcher Künstler, welche Künstlerin ist nicht in Wikipedia vertreten?

So, das mit den ‚mental maps' wissen wir jetzt und in der Ausstellung selber gab es diese Karten allüberall, oben und unten, groß und sehr groß, klein und darüber. Man würde so etwas wie ein System dahinter vermuten wollen. Aber eigentlich ließ sich die ganze Installation nur als eine Karte von Karten verstehen. Oder soll der Betrachter die ‚mental maps' in einer Beobachtung des Zoomens wahrnehmen? Das kann nicht funktionieren, weil es gegen das Prinzip der Ackermann'schen ‚mental maps' läuft. Jede einzelne ‚mental map' ist eine Art Abbild einer gegebenen, vorhandenen Situation. Diese Situation wird in ganz spezifischer Weise abgebildet: Material, Bestandteile und deren Relationen. Verändert das Zoomen, herein oder heraus, die abgebildete Situation? Davon ist auszugehen, denn die jeweilige ‚Karte' ist einzigartig und ob sie das Zoomen überhaupt zulässt, steht zur Frage. Oder nehmen wir das Modell der ‚mental maps' zu ernst? Kann der Betrachter diese Karten auch als ironische Paraphrasen des ‚Mappings' sehen? Was also ist Sinn und Zweck der Ausstellung? Wollen wir wirklich annehmen, der Künstler zitiert sich selbst so als laute der Titel der Ausstellung‚ "Franz Ackermann "Mental maps". Wir sind uns im Moment noch nicht darüber im Klaren, ob wir in diesem Falle mit einfachen oder doppelten Anführungsstrichen arbeiten wollen.

Warum nicht einen merkantilen Grund dahinter vermuten? Die Dimensionen sind diesmal Wand füllend, aber ebenso notizenartig. Diese Dimensionen erlauben eine ganze variable Preisgestaltung: Der Zettel für den Beginner, die Wand für die ag. Zum ersten Mal präsentierte der Künstler eine raumgreifende Wandzeichnung, die allerdings zum Selbstzitat wurde. Und ärgerlich wird es, wenn man dann einen Rahmen plus Zeichnung über eine Wandzeichnung hängt. Einfache oder doppelte Anführungsstriche? Wen sollen wir da ernst nehmen, die Wandzeichnung oder die Zeichnung im Rahmen? Aber schließlich lässt sich das wunderbar erklären: Von der langen Reise, auf den Spuren der Konquistadoren, schließlich die Vorläufer der Globalisierer, bis zur eigenwilligen Notiz im Bergcamp auf dem Macchu Picchu. Und mit dieser Zeichnung vom Macchu Picchu ist Franz Ackermann nicht Teil der ‚Touristenströme' (aus der Pressemitteilung), sondern teilnehmender Beobachter. Schön wär's oder haben wir jetzt was übersehen?

Franz Ackermann, "from eden to lima",
Neugerriemschneider
Linienstraße 155
27.04-26.05.2007
ackermann.JPG (© Franz Ackermann, Courtesy neugerriemschneider)
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