Sherrie Levine

Jablonka Galerie

2007:Jul // André Rottmann

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07-2007
















In der aktuellen Ausstellung von Sherrie Levine in der Berliner Jablonka Galerie kombiniert die US-amerikanische Künstlerin - eine der prominentesten Vertreter/innen der "Appropriation Art" - zwei Serien von jeweils drei vergoldeten, auf objets trouvés basierenden Bronzeskulpturen (in diesem Fall Trios von Sparschweinen und knorrigen Ästen) mit einer Gruppe von an Thomas Ruffs Pixel-Bilder erinnernden, kleinformatigen Drucken in strahlendem Grün und alle drei Wände des Hauptraums der Galerie einnehmenden Reihen von jeweils 14 chromatisch abgestuften, monochromen und vor andersfarbigen Hintergründen arrangierten Holztafeln. Schon auf den ersten Blick scheint jeder dieser Werkentwürfe mittlerweile "klassischen" Anliegen aneignender künstlerischer Verfahren zu entsprechen: die goldig glänzenden Skulpturen verweisen - mit Seitenblick auf Koons - auf die unhintergehbare Warenförmigkeit des Kunstobjekts als Statussymbol (sofort stellen sich dabei auch Assoziationen zu Levines vergoldeten Varianten des Duchamps-Pissoirs ein). Die Drucke geben mittels in digitale Quadrate aufgesplitterten Ansichten von Cézannes Serie von Bildern des Mont Saint-Victoire einem ambivalenten ödipalen Begehren nach Zugehörigkeit zum (männlichen) Kanon der Moderne Ausdruck, wie es Levines Arbeiten bereits in der Auseinandersetzung mit beispielsweise der Fotografie von Edward Weston eigen war; und in der Wiederholung abstrakter Wandpaneele (Öl auf Mahagoni), die auf Le Corbusiers Gestaltungsutopien und deren Verbindung zur Malerei des französischen Purismus Bezug nehmen, werden die mitunter autoritären Implikationen des Projekts der Moderne, das Alltagsleben nach künstlerischen Maßstäben zu reformieren und damit der Monotonie der Arbeitswelt zu entreißen, gerade durch die Uniformität industrieller Produktion unterminiert. Alle Farben wurden direkt aus der Tube auf die Holzflächen aufgebracht - ein produktionsästhetisches Detail, über das Levine eine zusätzliche Referenz auf die Diskussion um den Wechsel von einer von der modernistischen Kritik propagierten medienspezifischen zu einer "entgrenzten" generischen Kunst herstellt, die Thierry de Duve bereits vor längerer Zeit auf den griffigen Widerstreit von "Readymade und Farbtube" brachte.

Es ist daher gelinde gesagt kurz gegriffen, wenn im Pressetext davon die Rede ist, dass das zentrale Thema dieser Ausstellung die Farbe sei, so als würde es hier um immanente Fragen der Malerei gehen. Vielmehr gelingt es Levine in ihren neuen Arbeiten, auf produktive Weise an den Verfahren der "Appropriation Art" festzuhalten, indem sie deren inzwischen selbst historischen Prämissen in der Auseinandersetzung mit der modernen Dialektik von Originalität und Serialität (und deren technologischen Voraussetzungen, etwa im Wechsel von analoger Fotografie zu digitalen Verfahren) thematisiert. Der Begriff der "Aneignung" wurde von Kritikern wie Hal Foster, Douglas Crimp und Craig Owens als Kategorie eingeführt, um darunter künstlerische Methoden im Spektrum von "Rephotography", "Pastiche" und "Readymade" zu rubrizieren, mit denen die Künstlerformation um Cindy Sherman, Richard Prince, Jack Goldstein, Louise Lawler und eben Levine das vermeintlich gemeinsame strategische Ziel einer repräsentationskritischen "Subversion" der dominanten Codes der Konsum- und Spektakelgesellschaft sowie modernistischer Originalitätsmythen und deren Sanktionierung durch den Kunstmarkt verfolgten. Heute ist die "Appropriation Art" selbst eine längst kanonisierte Episode der jüngeren Kunstgeschichte, die ihre eigenen Helden und (marktkonformen) Mythen hervorgebracht hat. Die mit dieser Strömung des Postmodernismus assoziierten Künstler/innen haben allesamt individuelle "signature styles" entwickelt, der die viel beschworene bloße "Manipulation" bereits massenmedial verbreiteter visueller Codes in eine Form von Originalität zweiter Ordnung überführt hat. Levines Ausstellung zeigt in der Reihung von auf den ersten Blick scheinbar allein den Maßgaben der Dekoration folgenden Arbeiten, dass es unter diesen veränderten Voraussetzungen nicht mehr möglich ist, dem alten Modell von "criticality" qua Aneignung zu folgen. Vielmehr scheint es nunmehr erst der eigene Status als "Klassikerin" unter (anderen) Klassikern der Kunstgeschichte zu erlauben, eine reflexive Auseinandersetzung mit dem heute mehr denn je vom Markt nachgefragten Originalitätsimperativ zu führen und gleichzeitig an einer Kritik der Mythen der Moderne festzuhalten.  

Sherrie Levine "New Work"
Jablonka Galerie
Kochstraße 60
1.6.?18.8.2007
Ausstellungsansicht (© Sherrie Levine, Jablonka Galerie)
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