Margrét H. Blöndal

Thomas Fischer

2012:Dec // Julia Gwendolyn Schneider

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12-2012

















Baumelnde Zipfel
/ Margrét H. Blöndal bei Thomas Fischer

Margrét H. Blöndals Ausstellung „Schlag“ ist eine Konfrontation, aber eine die sich leise abspielt, behutsam geradezu – also eigentlich das Gegenteil von einem Schlag. „Schlag“ ist ein hartes Wort. Die Assoziationen, die es aufruft, lassen sich aber in ganz unterschiedliche Richtungen denken: vom aggressiven Schlag bis hin zu süßer Schlagsahne. Auf der Ebene dieser Offenheit findet die Auseinandersetzung mit Blöndals Arbeiten statt. Sich darauf einzulassen, macht ihren Reiz aus.
Erstaunlich ist, wie wenig verloren Blöndals filigrane Skulpturen in den drei weitläufigen Räumen der Galerie Thomas Fischer wirken. Vielmehr lenken die verstreuten Assemblagen aus einfachen, oft ausrangierten Materialien die räumliche Erfahrung. Von der Decke kommend, am Boden stehend, oder an eine Wand gelehnt, bilden sie zufällige Erscheinungen, die sich beim Gang durch die Ausstellung als überraschend auftun, zugleich aber genau am richtigen Platz zu sein scheinen. Durch einen kleinen Eingriff – Blöndal hat einige der Wände in den hinteren zwei Räumen im Beige-Ton der Fußböden gestrichen – gelingt es ihr, eine subtile Verbindung zwischen den Räumlichkeiten und den Exponaten herzustellen. Die gleichfarbigen Wände und Böden gehen sanft ineinander über und bilden einen harmonischen Umraum. Zugleich sorgt das Intarsienparkett im ersten Raum dafür, dass ein Kontrast bestehen bleibt.
Zu sehen sind in diesem Setting etwa eine von der Decke herabhängende schwarze Folie, deren unterster Zipfel mit einer Mobile-Konstruktion verbunden ist: ein Gerippe aus pink schimmernden Drähten, das an einigen Stellen von schwarzen Kügelchen geziert wird. Direkt auf dem Parkettboden befindet sich eine Formation, die im ersten Augenblick vielleicht an ein Miniatur-Beach-Volleyball-Netz denken lässt. Zwischen zwei schief stehenden Stöckchen wurde ein kleines hellgrünes Aufbewahrungsnetz gespannt. Oft sind es die Farben dieser luftigen Skulpturen, die Akzente setzen, wie zum Beispiel das schrille Orange einer Schnur, an der in einer Schlaufe runde Hölzchen mitten im Raum schaukeln, oder das grelle Pink eines leicht zerrissenen Plastikstücks, das über einen „Bügel“ drapiert fast wie ein aufgehängtes Kleid aussieht. Hinter dieser spielerischen Leichtigkeit verbergen sich durchdachte Gesten, was sie aber kreieren, sind mysteriöse räumliche Zäsuren, bzw. Dinge, die zu kommen und zu gehen scheinen, deren Objektcharakter so minimal ist, dass sie wie zeichnerische Spuren im Raum wirken.
Im Gegensatz dazu besitzen Blöndals Zeichnungen eine Halterung von plastischer Präsenz. Sie sind in kleinen transparenten Schaukästen aus Plexiglas aufgehängt, die sie schützen, ohne sie gänzlich ihrer Flüchtigkeit zu berauben. Die Boxen sind an einer Seite offen und die Blätter nur lose hineingelegt. Interessanterweise hat auch Blöndals Malweise etwas mit der Vermischung von Skulptur und Zeichnung zu tun. Sie verwendet für ihre Wasserfarbenzeichnungen oft auch Olivenöl. So legt sich ein dünner Schleier auf ihre Bilder, der durch das Papier hindurchscheint und manchmal fast wie ein Heiligenschein wirkt. Dabei verleiht das beigemischte Öl dem Farbauftrag schon fast eine skulpturale Qualität. Ausgangspunkt für die Papierarbeiten sind Schnappschussfotografien aus dem Alltag. Aus ihnen überführt Blöndal isolierte Aspekte in die Zeichnungen, deren poetische Atmosphäre – wie bei den Skulpturen – darin besteht, dass sie sich überaus geschickt immer an der Grenze zum Gegenständlichen aufhalten. 

Margrét H. Blöndal „Schlag“, Galerie Thomas Fischer,
Potsdamer Straße 77–87, 10785 Berlin, 8. 9.–20. 10. 2012


Margrét H. Blöndal, Ausstellungsansichten, Courtesy Galerie Thomas Flor (© )
Margrét H. Blöndal, Ausstellungsansichten, Courtesy Galerie Thomas Flor (© )
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