KÜNSTLER/IN, LEBENSLANG

Werner Brunner

2019:September // Sonya Schönberger

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09-2019



Werner Brunner
Jahrgang 1941, Maler, interviewt im Januar 2019 in seinem Atelier im Naumannpark, Schöneberg

Wie viele Künstler gibt es jetzt hier in Berlin? 10.000 oder was? Wenn jetzt nur die Hälfte Sammlungswert hat, dann ist es auch schon unglaublich viel, was da produziert wird. Das kann man ja nicht alles sammeln. Wie entscheidet man dann, was für die Zukunft allgemein bedeutend ist oder einen kulturgeschichtlichen Wert hat? Da muss man ja auch nach Kriterien sammeln. Das ist schon kompliziert. Für einen persönlich ist es natürlich so, dass man denkt, na ja, da habe ich jetzt 50 Jahre vielleicht einige doch wichtige Sachen gemacht, wenn dann der Schrotthändler kommt … Auf der anderen Seite denke ich manchmal, wenn ich nicht mehr da bin, dann ist es halt so. Und dann entdeckt man manchmal plötzlich wieder was aus dem 17. Jahrhundert, wo man sieht, das hat ja noch nie jemand gesehen und das hat so einen gesellschaftspolitischen Wert plötzlich, weil da so privat-individuelle Aussagen von einem Künstler sind, die gesellschaftlich wichtig sind oder so. Aber heute wird ganz anders dokumentiert, die Medien sind ja so vielseitig. Ob das die Kunst leisten muss …

Hast du dich mit dem Thema Archivierung auseinandergesetzt? Fotografierst du deine Malerei ab?
Ja, doch, was mir wichtig ist, fotografiere ich jetzt und da hab ich mehrere Sticks rumliegen bei mir zuhause, wo das so drauf ist, nach Themen geordnet. Aber die Sticks sind auch irgendwann mal überholt. Sicher gibt’s Übertragungs­systeme dann später wieder, wenn es wichtig ist. Ansonsten, wenn so eine Wohnung oder ein Atelier geräumt werden muss, dann kümmert sich da niemand drum um diese tausend Sticks, die da rumliegen. Die wandern dann auch in den Container. Ich hab dir das, glaube ich, mal erzählt, ich hatte ja so einen Künstler, der hat Bilder gemacht, meist so politisch aufgeladen. Und der ist gestorben dann plötzlich, der war früher immer in der FBK, der Freien Berliner Kunstausstellung und so. In Wilmersdorf hatte er sein Atelier und seine Wohnung. Die Witwe hat mich angerufen, weil ich damals noch im Vorstand vom BBK mit drin war, und sie dachte, ich hätte gute Beziehungen und wüsste, wie man jetzt einen Nachlass verwaltet. Ich hab mich ein bisschen gekümmert und hab dann in der Berlinischen Galerie mit Roters gesprochen und dem NBK und und und. Aber die haben alle gleich abgewinkt und haben gesagt, für so was haben wir keine Zeit und wer ist das überhaupt, der da gestorben ist?

Also äußerst brutal.
Ja. Du kommst schon zu Lebzeiten ganz schwer an die Berlinische Galerie ran, und wenn du tot bist, sind deine Freunde oder was man noch hat, die sind dann auch überfordert. Die Verwandtschaft aus Kiel war da, die wollte sofort die Wohnung geleert haben. Und dann haben die den Sperrmüll angerufen. Und mit der weinenden Witwe im Arm stand ich dann am Fenster, während ein Bild nach dem anderen hinten in den Container reingeschmissen worden ist. Es hat geknackt und geknirscht und nach zwanzig Minuten war das ganze Lebenswerk von ihm im Container. Man ist da echt hilflos. Was soll man machen? Ich war dann noch in der Kunstbibliothek, weil einige Sachen wären auch für die wichtig gewesen, Kupferstich und so. Absolutes Desinteresse. Das überhaupt anzuschauen, dafür haben sie nicht das Personal und die Zeit. Und wenn du überhaupt vielleicht mal einen Termin gekriegt hättest, das da einer kommt, hättest du vielleicht noch drei Monate warten müssen. Ein Testament hilft ja auch nicht, weil die armen Verwandten, was sollen die damit?

Wie regelst du das für dich?
Ich habe keine Ahnung. Ich bin hilflos. Man kann bei verschiedenen Nachlassdepots anfragen, aber die fragen dann auch, welche Bedeutung hat der Künstler, ist er international durchgesetzt gewesen, da geht es auch nach bestimmten Kriterien, die sammeln nicht alles. Das ist ganz schwierig. Da musst du vielleicht erst mal über Expertisen nachweisen, dass der Künstler doch bedeutend war. Und wenn er es schon zu Lebzeiten nicht war, dann für danach.

Seit wann beschäftigen dich diese Fragen?
Also nicht wirklich, weil ich das meistens verdränge. Genauso wie ich verdränge, dass wir jetzt vielleicht in zwei, drei Jahren hier wieder rausmüssen. Ich wüsste sowieso nicht, wohin damit. Als ich aus der Oranienstraße hierher gezogen bin, habe ich zwei Wochen lang unheimlich viel entsorgt, also nur die wichtigsten Sachen mitgenommen. Hier kann sicher auch ein Teil weg, aber ein Kern ist schon da, der mir wichtig ist. Weil ich damit ja auch bestimmte Themenkomplexe verbinde, Auseinandersetzungen mit Ökonomie und Architektur, dann jetzt diese ganze Asylfrage, Arche und Atlas. Das sind dann schon Themen, die mir zumindest so lange ich arbeiten kann, wichtig sind. Ich bin 1971 nach Berlin gekommen. Und ich hab mich immer interessiert für die Zukunft der Stadt, was muss in der Stadt passieren, dass wir da gerne bleiben wollen. Und in den Architekturbüros war ich immer ziemlich frustriert. Da gab es natürlich die Chefetage und die steht für den Architekturkommerz und die muss dann bauen, was gefordert oder gewünscht wird, ohne wirklich eigene Gestaltungsdynamiken reinzusetzen. Berlin hat mindestens zweimal große Chancen gehabt, sich zu einer modernen Stadt zu entwickeln, nach dem Krieg und nach der Maueröffnung.

Wenn du 1971 nach Berlin gekommen bist, hast du dich ja offensichtlich nicht für Architektur entschieden, sondern hast noch mal Kunst gemacht. Oder bist du Autodidakt?
Ja. 1975 war ich mit dem Diplom in Architektur an der TU fertig. Und dann hatte ich das Glück, weil ich ja früher immer Archäologe werden wollte, dort im Deutschen Archäologischen Institut anzufangen, für archäologische Bauforschung, und dann war ich erst mal einige Jahre dort, Orient und Griechenland und so. Nebenbei habe ich immer schon heimlich gemalt. Parallel dazu habe ich Künstler kennengelernt und wir haben 1977 eine Künstlergruppe gegründet. Die nannte sich „Künstlergruppe Ratgeb“ nach Jerg Ratgeb, ein Zeitgenosse von Dürer, der gevierteilt wurde, von vier Pferden zerrissen, in Pforzheim. Das war so unser Ding. Und wir fünf waren bis 1985 zusammen, haben viele Wandbilder gemacht. Wir hatten ein Gemeinschaftsatelier und drei von uns hatten sich auf Wandbilder spezialisiert und viele Aufträge gehabt. Und ich hab bei den Archäologen versucht, eine halbe Stelle zu machen. Und dann hieß es gleich, um Gottes Willen, die Archäologie ist ein komplexer Beruf, das kann man nicht halb machen. Ich hab’s dann trotzdem versucht, hab aber schnell gemerkt, das geht wirklich nicht. Du musst da so viel Forschungsarbeit leisten, die Grabungen vor- und nachbereiten, publizieren, das ist wirklich ein komplexer Beruf. Und ich hab dann dort gekündigt und bin beruflich mit der Gruppe in die Kunst gegangen. Und dabei ist es geblieben. Das lief ziemlich gut. Wir waren bekannt, im Ausland mehr als hier. Die Kunstinstitutionen wollten hier von uns nicht viel wissen. Aber in Holland, Frankreich bis Chicago und Australien waren wir bekannt und haben ständig Atelierbesuche bekommen.

Wo war da euer Atelier?
Zuerst in Charlottenburg und zuletzt in der Oranienstraße, gegenüber vom SO36. So eine große Gewerbeetage hatten wir. 1985 haben wir uns dann getrennt, weil wir im Theater des Westens oben die Decke bemalt haben und da haben wir dann das erste Mal bemerkt, dass wir nicht mehr richtig kollektiv arbeiten können. Jeder hatte plötzlich seinen großen Ehrgeiz entwickelt. Ich mit großen Heizkörperpinseln und der andere mit dem kleinen Spitzpinsel. Und der dritte ist dann noch nachts hochgegangen und hat übermalt, wo er sich tagsüber nicht durchsetzen konnte. Und dann haben wir gesagt, so, jetzt muss jeder seinen eignen Weg gehen. Das war freundschaftlich und vernünftig. Und dann war ich ganz alleine in der großen Etage, die anderen sind raus. Und dann hatte ich erst mal richtig Angst. Ich hatte nicht das individuelle Selbstbewusstsein eines Künstlers, was man vielleicht vom Kunststudium besser kann. Dann bin ich aber in die HdK gegangen und hab gesagt, wer sucht Atelierplätze? Und dann waren wir gleich wieder vier. Das war sehr schön, die Zeit.

Hast du dann dein individuelles Selbstbewusstsein entwickeln können?
Ja, schon, wir waren dann nicht mehr in dem Sinne Gemeinschaftsatelier, sondern jeder hatte seinen Platz und seine Sachen gemacht. Wir nannten uns „Atelier Oranien­straße“.

Das war ein freies Atelier?
Das war frei. Das war damals leicht möglich und auch bezahlbar. Und dann bin ich umgezogen hierher.

Da liegen ja viele Jahre dazwischen. 1985 bis 2014, 29 Jahre. Du warst so lange da.
Ja, es war eine gute Zeit und es war auch immer viel zu tun da.

Du hattest bestimmt viele Ausstellungen ab 1985. Hattest du auch eine feste Galerie in der Zeit oder war dir das nicht wichtig?
Mich haben zu der Zeit Galerien noch nicht wirklich interessiert. Ich war immer mehr in einem thematischen Kontext unterwegs. Na ja, man braucht natürlich Galerien, wenn man so arbeitet, wie ich, dann muss man ja auch Mal was verkaufen. Obwohl viele Sachen nicht so das sind, was Galerien brauchen. Ich kenne mich wirklich zu wenig aus. Ich besuche zwar viele Galerien und denke immer, wie kommt man an die ran oder so. Also ich habe jetzt eine in der Karl-Marx-Allee, die haben schöne Räume, die sind sehr nett, interessiert, zugänglich. Also das war eine gute Erfahrung mit der Galerie, die wollen auch weitermachen mit mir. Aber die sind nicht wirklich richtig am Markt dran. Der Markt ist so sortiert von der Mitte nach oben und von der Mitte nach unten. Und solche Galerien sind dann halt noch im unteren Bereich. Die kommen schwer an Sammler oder potente Käufer ran.

Aber das heißt, dass du mit denen erst im Alter von 77 Jahren zusammengekommen bist?
Ja, letztes Jahr hatte ich die erste Ausstellung bei denen. Ich habe mich vorher nicht wirklich bemüht, weil ich den Zugang zu Galerien auch immer so unangenehm finde. Wenn du nicht über Beziehungen rankommst und dann da rein gereicht wirst, wenn du von außen an die herankommst und mit denen sprechen willst, das ist für mich so eine Bettelei, die ich nicht kann und nicht mag und ich tue mich da schwer. Wenn ich da mit meinem Mantel ankomme, so altherrenmäßig, und die dann denken, ach, das könnte ja ein Kunde sein, aber wenn ich dann so über Kunst spreche, noch nicht einmal mein Anliegen formuliere, dann sind sie schnell weg. Schon komisch, ne. Man könnte denken, wir sind doch auf einer Ebene, ich bin der Produzent von dem, für das er sich interessieren müsste. So funktioniert das leider nicht.

Der Markt ist übersättigt.
Die haben auch ihre Schwierigkeiten, das sehe ich alles ein. Aber trotzdem sollten sie sich interessieren können. Ich meine, sie können nicht alle Künstler in Berlin besuchen. Aber ein bestimmtes Feeling dafür, eine Nachfrage, um zu spüren, könnte das interessant sein oder nicht. Das man sagt, schicken Sie mir doch was zu. Sie müssen ja nicht gleich zu mir kommen.

Gibt es da so einen Punkt im Leben, wenn man ein gewisses Alter überschreitet, dass man sagt, jetzt ficht mich das nicht mehr so an? Wächst man über etwas hinaus oder bleiben die Dinge gleich?
Früher habe ich mich oft nicht getraut meine Arbeit vorzuzeigen, weil ich dachte, das ist es noch nicht. Aber jetzt bin ich mir, nicht über alles, aber über vieles sicher, weil ich das selber spüre, das mir das gelungen ist, das zu gestalten oder auszudrücken. Und dann habe ich auch Erwartungen, dass man eine Resonanz bekommt. Ich geb mir da schon ein bisschen Mühe. Es ist nicht so, dass ich gar nichts tue. Aber es liegt mir wirklich nicht, es fällt mir nicht leicht, das zu tun. Ich bin nicht einer, der da auftaucht und eintaucht und präsent ist.

Also das hat sich nicht geändert.
Nö. Ich meine, es ist ja so, irgendwann muss das mal raus hier. Ein oder zwei Ausstellungen im Jahr sind zu wenig.

Gab es mal den Punkt an dem du gesagt hast, jetzt gehe ich in Rente?
Ne. Ich bin zwar Rentner, aber über so was denke ich gar nicht nach. Es ist höchstens die Frage, ob ich meine Rente noch verbessern könnte über Bildverkäufe, dass man unabhängiger wird von diesem Atelier, von dem man nie weiß, wie lange es das noch gibt. Diese Unabhängigkeit würde ich mir dann finanzieren. Und wo man sich ein paar Leute engagiert, die eine Fähigkeit haben, das auch zu kommunizieren. Weil ich bin nicht der richtige Kommunikator. Wenn du in eigener Person die eigenen Interessen anbieten musst, das funktioniert nicht so gut. Das müsste auf einer anderen Ebene stattfinden.
Ich habe so Themenblöcke, die mich einfach nach wie vor interessieren. Und das möchte ich ganz engagiert künstlerisch machen. Und natürlich hat man dann Interesse, dass nach außen zu kommunizieren. Diese Brücke habe ich noch nicht richtig gefunden. Aber es treibt mich weiter und ich will das ja auch machen. Wenn man das noch kann, ist es ein großes Glück. Ich ärgere mich viel mehr über den institutionellen Kulturbetrieb, auch über Galerien, diese Arroganz, die diese Leute oft haben. Und dann geht man dahin und sieht Ausstellungen, wo man sich fragt, was ist denn das jetzt schon wieder? So belanglose, beliebig austauschbare Sachen, die man sieht. Und dann sieht man den Galeristen, wie er dann so arrogant da seine Sachen … Und was ich auch nicht mehr leiden kann, ist, wenn bei Eröffnungen Institutionen sagen: Wir haben ein großes Glück, dass der Künstler bereit war, bei uns auszustellen.

Die Belanglosigkeit ist schon krasser geworden oder? Du hast es jahrzehntelang beobachtet.
Ich kannte in den achtziger Jahren den Berliner Kulturbetrieb ziemlich gut und hatte auch zu vielen Galeristen und Leuten guten Kontakt, auch wenn das für mich noch nicht so interessant war. Wir kannten uns ganz uneigennützig, weil ich mich noch nicht so galerie- oder ausstellungssreif empfunden habe. Aber man kannte sich. Das war ein ganz anderes Kulturklima. Aber heute das ist ein Riesenapparat, diese vielen Galerien, international und auf einer ganz anderen gesellschaftlichen Ebene operierend und orientiert. Es ist viel unzugänglicher geworden, wenn man den Galeristen nicht persönlich kennt oder den Zugang über andere Wege hergestellt bekommt, ist das für mich unzugänglich. Es war auch radikaler, die Künstler haben mehr riskiert. Es gab auch einen Haufen Künstler, die sehr marktkonform waren, die auch keine Probleme damit hatten, das ist ja auch okay. Der Markt braucht schöne Ausstattungskunst. Ich freu mich auch, wenn ich ein schönes Bild sehe, das einfach nur wirkt, sonst nix. Das ist auch toll. Aber es gab viel mehr experimentelle Radikalität unter den Künstler. Unsere Künstlergruppe Ratgeb war sowieso in diese ganzen Häuserkämpfe und Hausbesetzungen sehr eng verstrickt. Das war dann ein ganz anderer Kulturbereich. Also es war eine tolle Zeit, aber auch anstrengend, weil wir waren einfach Tag und Nacht unterwegs, was ich auch gern gemacht hab. Man war ja auch richtig jung, obwohl ich immer der Älteste war. Ich war immer zehn oder zwanzig Jahre älter. Aber das war auch toll. Ich bin ja auch heute immer noch der Älteste.

Das Ende von dem Atelier auf der Oranienstraße, wie war das?
Es war absehbar, dass das zunehmend unangenehmer wird. Es war damals noch GSW, jetzt ist es Deutsche Wohnen. Bis jetzt gibt es das Atelier noch.

Ihr hättet nicht rausgemusst?
Nicht unbedingt, aber mir ist es perspektivisch zu unsicher geworden. Und ich habe mich dann zwei Jahre lang immer beworben auf solche Ateliers und hab nie was gekriegt. Und dann hat es hier plötzlich geklappt. Dann dachte ich, na gut, das ist vielleicht die Gelegenheit, auch wenn es nur acht Jahre sind oder was.

Ist es dir schwergefallen? Das war ja auch das Ende einer Ära.
Es ist mir sehr schwergefallen. Ich vermisse Kreuzberg. Die ganze Umgebung. Ich meine, es ist ganz schön hier, aber es ist einfach anders. Du bist da in der Stadt, hier bist du in der Peripherique irgendwo. Ich bin ein Stadtmensch.

Was mich noch interessiert, ist der Blick des gereiften Künstlers auf das, was danach kommt.
Ich entdecke schon noch spannende Kunst, auch jetzt. Es gab damals viele schöne nette gute Maler, es gab spannende Sachen. Und das ist heute auch so. Es gibt eben alle Tendenzen. Malerei ist auch nur ein Bereich. Es gibt so viele spannende Sachen mit anderen Techniken. Ich meine, Galeristen brauchen Malerei, weil das als Flachware noch verkäuflich ist. Diese vielen komplizierten Installationen, das ist für Galeristen auch oft ein Marktproblem. Deshalb braucht man auch die institutionalisierte Kunst, die das auch ohne Kommerzinteressen leisten kann. So wie ich arbeite, ist es vielleicht nicht mehr das Gängigste. Am Anfang, als ich hier eingezogen bin, da sind meine Kollegen gekommen und haben gesagt: Was, du malst noch? Auf dieser Etage malt kaum noch jemand.

Ist Existenzangst für dich heute noch ein Thema?
Natürlich, vor allem, wenn die Atelierfrage wieder ansteht. Wenn man da nicht größere Spielräume hat, finanziell, ist das immer ein Problem. Und wenn man so intensiv und ernsthaft an solchen Anliegen arbeitet, hat man natürlich den Wunsch nach Auseinandersetzung, Öffentlichkeit, Spannung und Verriss – oder was weiß ich. Das braucht man. Aber wenn das so schwierig ist, das zu organisieren, dann verliert man manchmal die Lust und stellt sich die Sinnfrage: Warum mache ich das überhaupt? Ich meine, ich mache das, weil es ein großes Glück ist, wenn ich in meinem Alter beschäftigt bin und da nicht irgendwo rumsitzen muss. Weil es mich interessiert und weil es mir Spaß macht, aber trotzdem, nur damit ich meinen Spaß habe, das reicht mir nicht aus.