„Nichts scheint also näher zu liegen, als die Raum-Jagd
und den ihr zugrunde liegenden Gestaltungswillen aus der Perspektive der
gegenseitigen Dynamisierung von unterschiedlichen Ausdrucksformen ins Zentrum
einer Ausstellung zu rücken: Wie verhält sich der Architekturraum zum
Bewegungsraum, wie der Illusionsraum zum Sprach- und Denkraum, wie die Raumfolge
einer Galerie zum Idealraum? Welche Raumsituation löst welche emotionale
Wirkung aus?“
Das klingt im ersten Moment zwar etwas kompliziert und man bewegt sich deshalb bei der Lektüre nah am intellektuellen Schleudertrauma, aber ein thematisch interessanter Untersuchungsansatz ist das allemal. Vielleicht lässt die Ernsthaftigkeit des hier in zwei Sätzen zusammengefassten Themas aber auch keine andere Formulierung zu. Künstlerische Raumforschung ist eine ernste Angelegenheit. Und die gegenseitige Dynamisierung von unterschiedlichen Ausdrucksformen ist es aus kuratorischer Sicht auch. Die Kunstgeschichte bestimmt die Gangart, die „pace“. Die Zeitgenossen hecheln hinterher. „Trying to catch the dimensions“. Man muss sich anlehnen, um nicht umzufallen.
Das Raum-Thema ist unendlich und unfassbar, deshalb
hochinteressant und immer brandaktuell. Junge Künstler forschen massenhaft über
die Neudefinition räumlicher Systeme, über Raumrezeption, Raumtheorie bzw.
Raumpraxis; mühen sich tagtäglich ab am Raum. Blood, sweat and space. Wir jagen den Raum! Eine
Ausstellung zu diesem Thema muss deshalb unweigerlich ein ziemlich großes Fass
anschlagen. Und hier wird es in meinen Augen schwierig. Denn wenn das
kuratorische Konzept von der schieren Größe des Denkansatzes mit der dahinter
lauernden Ambition mindestens das Zeug hat, ein stattliches Museum mittlerer
Größe und Potenz zu füllen, dann kann es passieren, dass sich die in dieses
Korsett eines einigermaßen schwer bespielbaren Galerieraums in Berlin-Mitte
hineingezwängten und so zwangsläufig etwas benutzten künstlerischen Arbeiten
unwohl fühlen. Emotionaler gesprochen: Beim Besuch und der Betrachtung der
Ausstellung findet man zu wenig unmittelbar fühlbaren Raum, dafür sehr viel
gedachten Raum. Es knirscht in der Raummechanik und so entsteht, gemessen am
eigenen Anspruch, ein leichter inhaltlicher Durchzug. Es beschleicht einen das
Gefühl, dass die einzelnen Arbeiten Funktionen übernehmen sollen, die weit über
das hinausgehen, was ein autonomes Kunstwerk leisten sollte. Gegenseitige
Dynamisierung ist hier das Zauberwort, was bedeutet, dass die singuläre Arbeit
zum Mittel für den Zweck verkommt. Der Künstler ist in diesem System nicht
Berufener der eigenen Unbedingtheit, sondern Kulturproduzent für einen
intellektuell gesetzten Überbau. Dazu nochmal der Pressetext:
„Heute jagen Kulturproduzenten der Raumerschließung, der Raumerweiterung und manchmal auch der Raumverengung hinterher. Sie sind Jäger und Gejagte – getrieben von der Suche nach Selbstbestimmung und Transformation.“
Das sprengt den Raum.
Space Chase, kuratiert von Petra Reichensperger
Galerie magnusmüller
Weydingerstraße 10/12
19.11.2007–09.02.2008