100 Räume

2018:Dezember // Einer von hundert

Startseite > 12-2018 > 100 Räume

12-2018

Remise
H. studierte in den Neunziger Jahren Kunst und arbeitete nebenbei noch mit ein paar befreundeten Grafikern zusammen an bezahlten Aufträgen. Seine neue Freundin jedoch war einige Jahre älter, kam aus dem Ostteil der Stadt und war, wie viele der damals um die Dreißigjährigen, eine Wendeverliererin, ihr Studium de facto nichts mehr wert. Für eine Existenzgründung samt Druckwerkstatt und Ausstellungsraum fand man bei der WBM eine Remise mit drei Räumen, je um die 30 qm groß. Sie zahlten 10 DM kalt pro Quadratmeter, das war 1996 normal für Gewerbe, aber schon nicht billig. Schon zwei Jahre später stand ein Mieter aus dem Vorderhaus vor der Remise und klopfte: „Willst du nicht mitmachen. Die WBM verkauft das ganze Haus an die jeweiligen Mieter. Sie muss einen Teil ihres Besitzes privatisieren, das ist ein Vorzeigeprojekt hier.“ H. war eigentlich gerne Mieter, Eigentum war ihm zu bindend. Er war ja erst Ende Zwanzig.
Doch bevor er einen anderen Vermieter bekam, kaufte er lieber mit. 1000 Mark pro qm war der Kaufpreis, 800 musste er noch in einen Sanierungstopf zahlen. Dafür wurden die notwendigsten Dinge gemacht, Dächer, Stränge, Heizung. Selbst seine Remise bekam ein neues Dach und die provisorischen Dachfenster wurden professionalisiert. H. finanzierte alles über einen Kredit, der auf das Haus seiner Mutter lief. Er ließ sich sogar für die fortlaufende Existenzgründung 10.000 Mark mehr ausbezahlen als notwendig. Die anfänglichen Zinsen waren um die 6 Prozent. Diese entsprachen exakt den 10 Mark Miete zuvor, dazu kamen noch Eigentümerkosten, das sogenannte Wohngeld. Die Rückzahlungsraten setzte er bewusst niedrig an. Lieber jetzt das Geld in der Tasche als in 30 Jahren. Wer weiß, was dann ist. 20 Jahre später hatte er erst ein Drittel des Kredits zurückbezahlt. Die Zinsen waren auf 1,3 Prozent gefallen und er zahlt dafür lediglich 90 Euro monatlich.
Längst arbeitete er mit den gleichen Grafikern von früher an einem anderen Ort und zahlt dort 10 Euro Miete kalt, dafür beste Lage im Scheunenviertel.
Bei der Remise erhöhte er erst kürzlich seinen Mietern (auch sie in der Grafikdesignbranche) die Miete auf 8,50 und rechtfertigte dies mit seinem eigenen gestiegenen Mietdruck. Den Netto-Gewinn von knapp 500 Euro monatlich benutzt er nun teilweise auch zur Rückzahlung des Kredits, man weiß ja nie. Außerdem ist die Remise wohl einiges wert. 90 Quadratmeter in Mittemitte werden auch gerne für 4000 Euro pro qm gehandelt.
Da es sich um Gewerbe handelt, zählt hier allerdings nicht die Klausel, dass man nach 10 Jahren Eigennutzung das Plus steuerfrei einstreichen kann. Im Falle eines Verkaufes müsste H. wohl fast die Hälfte des Gewinns an den Staat abgeben. H. findet das in Ordnung. Er hat für dieses Geld ja auch nicht gearbeitet. Spenden tut er den Gewinn aber auch nicht, außerdem plant er gar nicht zu verkaufen.

Baugruppe 1
C. und D. lernten sich in einer europäischen Hauptstadt kennen. Beide hatten gute Jobs und verdienten gut. Als sie Ende der Neunziger in Berlin waren, fanden sie die Preise für Wohnungen im Vergleich zu ihrem Arbeitsort spottbillig. Sie kauften Anfang der Nuller Jahre günstig eine Wohnung und vermieteten sie.
Ein gutes Jahrzehnt später zogen sie schließlich mit ihren zwei Kindern selbst nach Berlin. Sie fanden Anfang der Zehner Jahre eine ordentliche 100 qm Wohnung für etwas über 1000 Euro warm in einem gutbürgerlichen Viertel. Dann beteiligten sie sich an einer Baugruppe, die Mietwohnung erschien ihnen auf Dauer zu klein und zu unsicher. Irgendwann, während der Bauphase, trennte sich das Paar. Für einen alleine war die Baugruppenwohnung zu groß und die Zinsen zu teuer. Deshalb zog einer der beiden in die Wohnung, die sie damals kauften und die fast abbezahlt war. Der andere blieb in der Charlottenburger Wohnung. Stattdessen wird nun die Baugruppenwohnung vermietet. Als Immobilien-GbR sind die beiden noch zusammen.

Sanierungsgebiet 1
F. wohnt in der Spandauer Vorstadt, in einer der kleinen Querstraßen zwischen Alter Schönhauser Straße und Rosenthaler. Er mietet im gleichen Haus das Souterrain und gibt dort Klavierunterricht. Die Spandauer Vorstadt war ab Mitte der Neunziger Jahre ausgewiesenes Sanierungsgebiet. Die Eigentümer bekamen Unterstützung in Form von Abschreibungen, wenn sie die Häuser renovierten. Das hieß, dass sie binnen 10 Jahren die gesamten Kosten in Form von Steuerersparnissen wiedererstattet bekamen. Dafür mussten sie mietpreisgebundene Verträge auf zwanzig Jahre Laufzeit garantieren. Die Modernisierung wurde also nicht auf die Mieter abgewälzt, wie sonst üblich, sondern auf die Gemeinschaft, die Hausbesitzer waren jedenfalls fein raus. F. wurde nun aber vom Eigentümer der Gewerbemietvertrag gekündigt, er könne jedoch noch vier Jahre weiter mieten, nur unter der Bedingung, dass er dann auch die Wohnung aufgäbe, drei Jahre vor Ablauf der zwanzig Jahre. F. ließ sich nicht erpressen. Stattdessen suchte er sich einen anderen Raum zum Arbeiten und zeigte den Fall bei der IBB an, jener Förderbank, die die Sanierung der Häuser über günstige Darlehen finanzierte. Der Eigentümer hatte nämlich schon alle anderen Wohnungen unbemerkt der zwanzigjährigen Mietpreisbindung entzogen, die Verträge also gebrochen.
Der Bumerangeffekt für F. war jedoch, dass der Eigentümer die hohen Straf- und Rückzahlungen tätigte, dadurch der Schutz (der auch die Möglichkeit durch Eigennutzung den Mieter rauszuklagen beinhaltet) wegfiel und dann die Eigenbedarfsklage durchzog. Der Gewinn an Wert und die möglichen Mieten um bis zu zwanzig Euro in diesem Viertel, machten die Strafzahlungen rentabel. F. zieht jetzt erst mal nach Potsdam. In der Innenstadt fand er, trotz vieler Kontakte zu Wohnungsbesitzern, keine Wohnung mehr.

Kommune
H. wohnt seit über 14 Jahren in einer Art Kommune. Das Haus wurde in den frühen Neunzigern besetzt. Durch glückliche Umstände konnten die Besetzer das Haus gemeinsam mit einer Stiftung kaufen und in Selbsthilfe so sanieren und umbauen, wie es ihren Bedürfnissen entsprach oder wie sie sich diese in Zukunft vorstellten. Es gibt ein Vorderhaus, einen Seitenflügel und ein Hinterhaus zum Wohnen, sowie noch weitere Hintergebäude für Werkstätten oder Körperarbeit.
Es gibt nur eine große Küche (neben einer Volksküche zum Hof, die mittlerweile aber eher Speisekammer ist), dazu noch einen Essraum mit einer langen Tafel. Jede Etage hat ein kleines Duschbad mit Klo, dafür gibt es ein großes Bad mit je zwei Wannen und Duschen. Jeder hat ein Zimmer, Kinder teilen sich meist eins, zusätzlich gibt es größere Gemeinschaftszimmer auf den Stockwerken.
Ungefähr alle drei Jahre wird rotiert, das heißt, die Zimmer werden getauscht, da sich die Bedürfnisse womöglich geändert haben, Kinder größer wurden, Mitbewohner auszogen, neue Animositäten entstanden. Die Miete wird pro Kopf berechnet und nicht pro Fläche.
Wichtig für H. ist auch die Ernährungssituation. Es gibt ein Essensgeldkonto auf die jeder 60 Euro im Monat überweist. Dafür werden alle Grundnahrungsmittel gekauft, Brot, Milch, Käse, Aufstriche, Bohnen, Haferflocken etH. Einmal unter der Woche muss jeder kochen. Es gibt für jeden Wochentag eine Kochgruppe, bestehend aus 3–4 Leuten, die dann für alle ein Abendessen kocht. Halb sieben abends steht dann ein warmes Buffet bereit und es ist meist auch noch genug für H. übrig, der oft später nach Hause kommt. Plenum ist immer dienstags, dort wird das Zusammenleben besprochen und organisiert. Wenn man nicht immer kommt, ist es auch nicht ganz schlimm.
Wichtig für H. war, dass er mit seiner Kleinfamilie (zwei Kindern, seine Frau lernte er dort kennen) in einer größeren Gemeinschaft leben konnte und so etwas von dem alltäglich existierenden Druck ableiten konnte. Wer kocht, was gibt es, wer putzt, wer kauft ein, sind keine Fragen mehr. H. kocht immer montags.
Jedoch fühlte sich seine Frau als die Kinder größer wurden nicht mehr wohl in der Kommune, immerhin wohnte sie dort schon um einiges länger als H. Sie verspürte den Wunsch nach einer eigenen Wohnung. Da sich H. wiederum nicht vorstellen konnte, all die Vorteile des Kommunenlebens aufzugeben, handelten sie einen Kompromiss aus. Sie fanden einen kleine Wohnung in der Nähe, das war von nun an das Reich seiner Frau. H. und die Kinder pendeln und bleiben die Hälfte der Woche in der Kommune. Sie bleiben ein Paar und eine Familie, leben aber an zwei Wohnorten. Auch das vermindert den Kleinfamiliendruck, finden beide, und genießen ihre familienfreien Abende und Morgende …

WBM
G. arbeitete in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern bei der WBM. Irgendwie hatte er auch mit der Rückgabe von im Nationalsozialismus enteigneten Häusern und Grundstücken an die jüdischen Nachfahren zu tun. So kam er auch an die Adressen etlicher Erbengemeinschaften, die verstreut in den USA lebten und machte diesen dann eigenhändig Angebote zum sofortigen Wiederverkauf, dieses Mal an ihn selbst. So kam er zu zwei, drei Mehrfamilienhäusern in Mitte, die er dann sanierte und ordentlich vermietete. G. arbeitet seitdem, außer dass er sich um seine Häuser kümmert, nicht mehr. Man spürt, dass ihm oft langweilig ist. Er engagiert sich finanziell für die AFD. Damit, dass er ohne den Nationalsozialismus und den Holocaust niemals zu dem Geld gekommen wäre, das er jetzt den Rechten spendet, hat er kein Problem. Er hatte halt den richtigen Riecher zur richtigen Zeit.

Eigentum 1
A. wohnt auf 65 Quadratmeter mit Frau und zwei Kindern. Die Wohnung kaufte er in den frühen Nuller Jahren recht günstig, so dass sie zwar beengt, aber auch mietfrei wohnen. Da er insgesamt mit seinem Kleinstgewerbe nicht genug verdient, renoviert er eine zweite Wohnung, die er ebenfalls damals kaufte, um sie etwas besser vermieten zu können. Dadurch hofft er den Versorgungsdruck, der auf ihm als Alleinverdiener der Familie lastet, etwas zu senken.

Sanierungsgebiet 2
B. wohnte Ende der Neunziger in einer WBM-Wohnung in Mitte im Sanierungsgebiet Spandauer Vorstadt. Im Zuge der damaligen Altschuldenargumentation sollten die Wohnungsbaugesellschaften größere Teile ihres Bestandes verkaufen, auch wurden ganze landeseigenen Gesellschaften wie die GeHag privatisiert (siehe auch Remise). So wurde auch das Haus, in dem B. wohnte, um das Jahr 2000 herum an einen recht berühmten Künstler verkauft, der es auch mit Hilfe der Förderungsmöglichkeiten des Sanierungsgebiets sanierte. B. bekam eine Umsetzwohnung, in der er wiederum einen auf 20 Jahre mietpreisgebundenen Vertrag erhielt. Hier zahlt er 700 Euro Warmmiete für 80 Quadratmeter. Das Haus gehörte damals schon einem Münchner Investor, der es kürzlich mit 300-prozentigen Gewinn an zwei Bewohner verkaufte. Diese erweitern nun das Haus. Ihr Geld verdienen sie ansonsten mit Immobilien für Senioren. B. kann vorerst bleiben, ab 2020 muss er allerdings mit 15-prozentigen Mieterhöhungen rechnen.

Baugruppe 2
Im Baugruppen-Projekt Robin Hood hatte sich J. eine Wohnung unter dem Dach gesichert. Das war vor sieben Jahren. Endlich ist das Robin-Hood-Project, das auch unter sozialen Prämissen ein Filet-Grundstück sichern konnte, bezugsfertig. Ökonomisch dachte sich J., noch eine gewerbliche Einheit dazuzukaufen, sicherte das doch die ohnehin schwache Rente. Diese sollte nun auch die Grundlage der Schuldentilgung übernehmen, indem J. versuchte, die Einheit zu marktüblich überhitzten Preisen an suchende Künstler zu vermieten, Keller und Stellplatz inklusive. J. schaltete eine Anzeige.
Keiner der befreundeten Künstler wollte sich jedoch dem Wucher-Preisdruck unterwerfen, so dass die Einheit an ein weniger sozial denkendes Handy-App-Start-up vermietet wurde, die das Paket gerne bezahlte.

Trennung 1
M. hat zwei Kinder. Nach der Trennung von ihrem Partner brauchte sie dringend eine Wohnung mit genügend Platz. Sie fand eine unsanierte Wohnung in Prenzlauer Berg, jedoch mit Gas-Etagen-Heizung (also Standard Mitte Neunziger) für 1000 Euro warm (dies eher Standard 2018). Die Wohnung im relativ heruntergekommenen Haus gefiel ihr nicht und sie fand um die Ecke eine schönere, allerdings für 1400 Euro.
Trotz immer noch geringer Einnahmen fühle sich das einfach besser an. Bei längeren Abwesenheiten wird sie nun airbnb-ähnliche Untervermietungen machen, dies sei bei der Wohnung zuvor, wegen des Zustandes des ­Hauses, schwer machbar gewesen. Außerdem könnten höhere Kosten auch ein Ansporn sein, mehr zu verdienen.

Ein-Raum-Wohnung
H. kam zum Studieren in den frühen Neunzigern nach Berlin. Nachdem er ein halbes Jahr zur Untermiete bei einer winterflüchtigen Künstlerin in Schöneberg wohnte und die Wohnung dort etwas zu sehr nach seinem Geschmack renovierte, behielt die im Frühjahr zurückkehrende Hauptmieterin die Kaution ein, um den alten Zustand wieder herzustellen. Dann wieder Untermiete, diesmal bei einer Ostberlinerin, die ihre Ein-Raum-Wohnung wegen einer Beziehung zu einem Holländer nicht benötigte. 32 qm für 180 Mark warm, nicht sonderlich billig damals 1993, aber zentral gelegen. Die Beziehung der Ostberlinerin zu dem Holländer ging zwei Jahre später in die Brüche und H. bangte um seine Wohnung. Er besorgte sich einen WBS für eine Zwei-Raum-Wohnung (dafür überzeugte er seinen in Westdeutschland lebenden Bruder sich in Berlin anzumelden, als Zweitwohnsitz). Er fand damit eine Wohnung im nördlichen Prenzlauer Berg, fast Pankow. Zu nördlich für ihn, wie er damals meinte und schlug seiner Übermieterin einen Tausch vor. Sie sollte die Zwei-Raum-Wohnung bekommen, dafür er, als offizieller Hauptmieter, dort bleiben dürfen, wo er war. Die WiP machte mit, fragte auch nicht nach dem Verbleib des Bruders. 5,50 Mark Kaltmiete pro Quadratmeter, die ortsübliche Miete.
Zehn Jahre später kaufte dann ein Berliner Kleinunternehmer das Haus und setzte eine Modernisierungsvereinbarung durch. Nach etlichen Verhandlungen wurde die Miete „nur“ etwas mehr als verdoppelt, von 2,95 Euro auf 6,50 Euro den Quadratmeter. Dafür gab es neue Fenster, Heizung, einen Balkon, neuen Linoliumboden und ein funktionierendes Bad. Kann man unterschreiben, dachte sich H. Die Wohnung war auch wirklich doppelt so gut. Alleine die nun fehlende Kohlenschlepperei in den vierten Stock war ihm 20 Euro wert. So romantisch das noch Mitte der Neunziger war, H. war froh dass er noch nicht an einer Kohlenmonoxidvergiftung verstorben war.
Der neue Vermieter ließ aber in den darauffolgenden Jahren nicht locker und es folgten sukzessive Mieterhöhungen auf 7, dann auf 10, schließlich auf 12 Euro pro Quadratmeter, also eine erneute Verdoppelung binnen 12 Jahren oder 5 Prozent jährlich. H. ließ das mit sich geschehen, da er die Wohnung, ähnlich seiner Ostberliner Vormieterin, zum selben Preis untervermietete und der Vermieter ihn das nur machen ließ, wenn er seine Mietvorstellungen durchsetzen konnte. Der Hinweis seitens H., dass der Vermieter seit Kauf des Hauses, je nach Finanzierung der Anfangskosten zwischen 100 und 200 Tausend jährlich Profit machte, spornte diesen eher noch an, das Maximum rauszuholen.
Mittlerweile wohnt P. in der Wohnung, die aufgrund ihres geringen Einkommens keine Wohnung mehr in Berlin fand. 32 Quadratmeter für nun 500 Euro warm. Dies entspricht einer Mietsteigerung von 5,8 Prozent jährlich seit 1993. Die Wohnung ist so auch für 2018 in Berlin nicht sonderlich billig, aber man bedenke die Lage.

350 Quadratmeter
S. und R. sind beide leitende Mediziner und wohnten zur Miete in Kreuzberg. Dann kam ein Angebot im siebenstelligen Bereich, das zu verlockend klang. Eine 350 Quadratmeter-Wohnung in Grunewald auf einer Etage, quasi das ganze Erdgeschoss einer Villa. Natürlich können sie den Platz nicht ganz nutzen und sind wegen der vielen Arbeit auch selten zu Hause. Selbst die großen Feste, die sie manchmal feiern, sehen etwas leer aus. Aber was soll’s, das Geld ist jedenfalls ok angelegt.

Eigentum 2
L. wohnt seit 2003 in Berlin. Nach dem Tod seiner Großmutter erbte er etwas mehr als 120.000 Euro und kaufte sich davon 2007 eine kleine, neusanierte Zweizimmerwohnung in Mitte, in der er auch zuerst wohnte. Nach der Geburt seines ersten Kindes zog er mit der kleinen Familie in eine größere Wohnung zur Miete. Die Eigentumswohnung vermietete er naturgemäß. Da er als Künstler zu wenig verdiente, um seinen Lebensstandard zu halten und eine Familie zu ernähren, musste er die Wohnung 2014 für etwa doppelt soviel wieder verkaufen. Mittlerweile ist jedoch auch dieses Geld aufgebraucht.

Atelier 2
K. hat sein 120-qm-Atelier bereits 1982 bezogen und besitzt einen uralten Mietvertrag, der unbefristet ist. Da es in der gesamten Zeit so gut wie keine signifikanten Mieterhöhungen gab, behält K. das Atelier auch, obwohl er schon seit Jahren gar nicht mehr als Künstler arbeitet. Ab und an schaut er nach dem rechten und sortiert alte Arbeiten. Dabei schaut er häufig aus dem Fenster in den Hof, in dem sich auf der gegenüberliegenden Seite ein weiteres Gebäude befindet, in dem ebenfalls Künstlerateliers sind, und in denen sich zu K.s Verwunderung auf relativ engem Raum mehrere junge Künstlerinnen und Künstler ein Atelier teilen. Wenn man K. dann darauf hinweist, dass es dafür einen guten Grund gibt und er sein ungenutztes Atelier möglicherweise auch mit anderen teilen oder sogar aufgeben könnte, empfindet er das als eine Einmischung in seine Angelegenheiten und wird unfreundlich.  
Illustration: von hundert